Turanien in der Vor- und Frühgeschichte

  • Raum 101 der Volkshochschule Turan. Am Eingang ein Schild: Kurs 13/001: Turanien in der Vor- und Frühgeschichte (Prof. Dr. Gscheidt) – Teilnahme auch ohne Anmeldung möglich. Langsam füllt sich der Raum. Dann, einige wenige Minuten nach der offiziellen Anfangszeit des Kurses, kommt ein älterer Herr Anfang/Mitte 60 gemächlich schlurfend durch die Tür: Professor Dr. Everhard Gscheidt von der Geschichtlichen Fakultät der Olaus-Borg-Universität. Der gemütliche Herr mit dem fast kahlen Kopf und der altmodischen Rundbrille muss kurz vor seiner Emeritierung stehen. Was man ihm nicht ansieht: Gscheidt gilt als Koryphäe auf dem Gebiet der Vorgeschichtsforschung.


    Prof. Dr. Everhard Gscheidt

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zu unserem Kurs "Turanien in der Vor- und Frühgeschichte". Mein Name ist Everhard Gscheidt. Normalerweise lehre ich an der hiesigen Universität. Ich freue mich, dass das Thema auf solch einen Zuspruch gestoßen ist. Mein Dank gilt an dieser Stelle natürlich vor allem der Volkshochschule Turan, die die Veranstaltung erst ermöglicht hat. Sollten noch weitere Interessenten dazukommen, die nicht angemeldet sind, macht das gar nichts. Es ist ja noch Platz.
    Vor- und Frühgeschichte – was heißt das eigentlich? Tatsächlich ist das gar nicht leicht zu beantworten. Wir kommen darauf zurück! Beginnen möchte ich nämlich mit einer alten Geschichte, die sich unsere Vorfahren vor vielleicht 2000 Jahren erzählt haben. Die Geschichte handelt von dem ersten und im wahrsten Sinne ursprünglichen Ereignis, das sie in ihren Mythen und Sagen besangen: die Erschaffung der Welt. Sie kennen sicher alle den christlichen Schöpfungsbericht. Unsere Geschichte ähnelt ihm, ist zugleich aber völlig anders.
    Hören Sie selbst: Am Anfang, so erzählten sich unsere Vorfahren, war das Große Nichts, eine Art unendlicher Raum, in dem nichts existierte. Fast nichts! Denn es gab Leben, den Urvogel nämlich, den sich unsere Ahnen als riesigen Adler dachten. Dieser mächtige Vogel legte ein Ei und brütete es aus. Nach sieben Jahren zerbarst das Ei in einer Explosion aus Licht. Aus dem Licht entstanden die Elfen bzw. Elben, aus dem unweigerlich auch entstehenden Schatten die dunklen Mächte. Dämonen würden sie Christen nennen, vielleicht sogar "das Böse". Doch diese moralische Kategorie gab es im alten Turanien noch nicht. Nichtsdestotrotz fürchteten sich unsere Vorfahren vor den dunklen Mächten.
    Neben Lichtelfen und Dunkelwesen wurde noch etwas geboren: das Geschwisterpaar Himmel und Erde. Gemeinsam ordneten sie das zerstörte Ei und bauten daraus eine flache Scheibe und eine gewölbte Kuppel, die sie darüber stülpten. Die Scheibe nannten sie Erde, die Kuppel Himmel, nach sich selbst. Die Erdscheibe aber bevölkerten die Nachkommen des göttlichen Geschwisterpaares – und Himmel und Erde wohnten unter ihnen. Dann sah Vater Himmel die Gandalfia, die schönste der Elfen, und verliebte sich in sie. Dies gefiel seiner Schwester, der Mutter Erde, überhaupt nicht. Es kam zu einem furchtbaren Streit. "Die Erde wich vom Himmel", heißt es in einem alten Buch. Tatsächlich zog sich Vater Himmel daraufhin mit Gandalfia auf seinen Hochsitz in der Himmelskuppel zurück, weit weg von den Menschen. Bei unseren Ahnen hieß er deshalb "Borgas", der Verborgene.
    Haben Sie die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zur christlichen Schöpfungsgeschichte erkannt?

    Sigurd Thorwald
    Generaladministrator

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    "Wer für alles offen ist, ist nicht ganz dicht."

    "Politischer Stillstand ist der Untergang eines jeden staatlichen Gemeinwesens!"

    "Einer, der Gott leugnet, gleicht einem, der die Sonne leugnet; es nutzt ihm nichts, sie scheint doch."

    Julius Langbehn

    "An Gott glauben nur diejenigen nicht, die ein Interesse daran haben, dass es keinen geben möchte."
    Francis Bacon

  • Prof. Dr. Everhard Gscheidt

    Das ist eine interessante Frage, die gar nicht so leicht zu beantworten ist. Wie sahen sich die alten Turanier in der Welt? Tja, sicherlich begriffen sie sich viel mehr als Teil der Natur, als wir das heute tun. Das kommt bereits in dem Mythos zum Ausdruck, dass alle Lebewesen, also auch Pflanzen und Tiere, nach Befruchtung durch den Vater Himmel (in Gestalt des Regens!) von der Mutter Erde hervorgebracht wurden. Tatsächlich sollen sogar die Menschen aus der Erde hervorgewachsen sein – wie Bäume.
    Interessanterweise gab es daneben aber noch einen weiteren Mythos. Demnach sind nämlich die Turanier oder zumindest ihr göttliches Herrschergeschlecht Nachkommen der "Söhne des Borgas", die dieser mit Gandalfia gezeugt hat. Ich komme auf diese Version zurück, wenn wir zum Ursprung der turanischen Kultur kommen.

    Sigurd Thorwald
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    Julius Langbehn

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  • Prof. Dr. Everhard Gscheidt

    Sagen wir mal so: Wir haben mehrere ausführliche Bücher bzw. Schriften, die sich der Vorstellungswelt und dem Glauben der alten Turanier widmen. Zumeist stammen diese Quellen aber aus dem Mittelalter, also aus bereits christlichen Zeit. Gewisse Anleihen beim Christentum sind daher in manchen Quellen deutlich erkennbar, beispielsweise im "Buch der alten Zeit", auf das ich noch zurückkommen werde. Andere Quelle gelten dagegen als weitgehend "heidnisch" authentisch.
    Die Archäologie in Turanien hat in den vergangenen 10-20 Jahren große Fortschritte gemacht. So fanden wir befestigte Siedlungen an genau jenen Orten, die alte Sagen uns bezeichnet hatten. Und wir fanden auch Plätze, die wir als Tempelbezirke bzw. heilige Haine deuten. In einigen Fällen wurde diese Vermutung durch Schriftfunde zur Gewissheit.

    Sigurd Thorwald
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  • Prof. Dr. Everhard Gscheidt

    Ein Beispiel, das ich Ihnen gerne nennen kann, ist die Stadt Isenstein bei Trondberg. Sie war aus zahlreichen Überlieferungen und Sagen bekannt. Aber erst vor einigen Jahren fanden Archäologen eine frühgeschichtliche Siedlung, die sie mit Isenstein identifizierten. Die Funde sind 2000 Jahre alt.

    Sigurd Thorwald
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  • Prof. Dr. Everhard Gscheidt

    Ja und nein. Wenn Sie längere Texte meinen, dann sind das in der Tat in aller Regel Sekundärquellen. Aber es gibt auch frühere Schriften, die als authentisch gelten dürfen: z.B. die sog. Chroniken – und natürlich die Vielzahl an Runensteinen.
    Aber wie gesagt kommen wir zu diesem Thema später noch. Gibt es ansonsten im Moment noch Fragen zu meiner Einleitung?

    Sigurd Thorwald
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  • Prof. Dr. Everhard Gscheidt

    Gut, dann kommen wir nun zu einer kleinen Definitionsfrage. Wie Sie wissen, ist dieser Kurs mit "Turanien in der Vor- und Frühgeschichte" überschrieben. Doch was ist eigentlich Vorgeschichte? Was ist Frühgeschichte? Wissen Sie's?

    Sigurd Thorwald
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  • Prof. Dr. Everhard Gscheidt

    Ja, Sie dort! Nur nicht so schüchtern...

    Sigurd Thorwald
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  • Prof. Dr. Everhard Gscheidt

    "Bis zum Erscheinen erster Formen von Schriftzeugnissen", da haben Sie völlig recht. Was schätzen Sie: Wann war das in Turanien der Fall?

    Sigurd Thorwald
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  • Prof. Dr. Everhard Gscheidt

    Ich fürchte, ich muss Ihren neuturanischen bzw. turanischen Nationalstolz etwas enttäuschen. Erste Schriftzeugnisse im modernen Sinn, also eine Zeichenschrift, tauchten in Turanien um 500 vor Christus auf. Das war aber immer noch mehr als 1000 Jahre früher als auf Neuturanien. Vorläufer jener Turanischen Runen waren die Bild- und Sinnzeichen der Bronzezeit, die wir bis heute nicht entziffert haben.
    Was glauben Sie, was sagten diese frühen runischen Schriftzeugnisse aus?

    Sigurd Thorwald
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  • Prof. Dr. Everhard Gscheidt

    Keine schlechte Idee. Aber leider falsch. Nein, die ältesten Schriftzeugnisse sind allesamt kultischen Inhalts. Auf einer zweieinhalb Jahrtausende alten Lanzenspitze fanden zum Beispiel wir die runische Inschrift UUIDIHARIJOZ SEGU GIBOZ. Das heißt: Widar gibt den Sieg. Widar war der altturanische Kriegsgott.

    Sigurd Thorwald
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    Julius Langbehn

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