Das Judentum in Turanien

  • So, mejne wertn Zuhoejrer... nachdem wir das dunkle Kapitel der Klingbejl-Vershwoejrung hinter uns gelassn habn, wolln wir uns dem naejchstn Abshnitt der jiddishn Geshichte Turanjens widmen: der Zejt der Shutzgelder. Sij habn richtig gehoert... Shutzgelder!
    Dazu kam es in den Jahrzejhntn nach dem Klingbejl-Terror. Dij Obrigkejt – vor allem dij Rejchsfuerstn – nutzte die unsichere Lage der Judn aus und vershprach ijhnen Schutz – gegn die Zahlung ejner "Gebuehr". Man wuszte ja: Vijle Judn warn Haendler und Kaufleujte, sij warn also recht wohlhabnd. Da war ordentlich Geld zu holn! Im Gegnzug shtelltn dij Fuerstn dij Judn unter ijhren Shutz. Auch der Kejser kassijrte ab.

  • Joj... das ist natuerlich ejne sehr moderne Sichtwejse, guter Mann. Damals war das shlicht und ergrejfnd dij Rechtsordnung. Dij Fuerstn erlijszn ejn Gesetz und damit war daran nicht mehr zu ruettln. Man musz der Ehrlichkejt halber aber auch sagn, dass dij Zejt der Shutzgelder fuer uns Judn durchaus von Vortejl war: Fast kejne Uebergriffe mehr, dafuer ejne verglejchsweise ausgepraegte Rechtssicherhejt. Und in der historischn Rueckschau war dijse Epoche sogar der erste Shritt in Richtung voelliger rechtlicher Glejchshtellung.

  • Richtig richtig. Aus heujtiger Sicht tut es das. Aber es ist immer gefaehrlich, dij Vergangnhejt mit heujtigen Maszshtaejbn zu beurtejln.

  • Sollt ich jetzt shon von David Stern, Baruch Gold und Hesekiel Silberman erzaejhln...?
    Joj... nejn, Rabbi, was bist Du zershtreujt...! Das kommt doch erst vijl spaejter...
    Jetzt kommt erst amal die Gschichte von Rabbi Löw... genau.

  • Joj... mejne wertn Zuhoejrer... ejgentlich wollte ich Ijhnen jetzt von Rabbi Loejw erzaejhln. Aber das hat noch Zejt. Blejbn wir noch kurz bej den Pogromen des Mittelalters. Sie kennen den Ausdruck "jemandn uejber dij Aare bringn"?

  • Das shpricht fuer Sij, mejn Bester. Tatsaechlich shtand der Ausdruck bis ins 20. Jahrhundert fuer "jemanden loswerden" oder sogar "jemanden um die Ecke bringen". Urshprung ist ejn wejterer Pogrom im 13. Jahrhundert, bej dem dij Judn aus Wisborg und Umgebung vertrijbn wurdn. Man jagte sij uejber den Flusz Aare. Das musz ums Jahr 1240 gewesn sejn, also noch vor der deujtlich bekannteren Klingbejl-Verschwoejrung. Dijses Wisborg-Pogrom war das erste richtige Pogrom in Turanjen. Zuvor hatte es nur Ejnzelfaelle judnfejndlicher Gewalt gegebn. Ich glaube, der erste dokumentijrte Fall erejgnete sich 1114 und shtejht mit dem Hejlign Lindnbaum bej Schwarzwasser in Verbindung. Sie kennen den Hejlign Lindnbaum?

  • Ob merkwuerdig oder nicht, masze ich als Jude mir nicht an zu entschejdn. Aber ja, der Wallfahrtsort im Suejdn bej Koejnigsberg, wo ejne Linde um ejn Kreujz mit dem Lejb Jesu gewachsn ist. Dort sollen Judn im Jahr 1114 ejnen christlichn Pilger getoejtet habn. Drej mejner Glaubensbruejder wurdn daraufhin von ejnem lokaln Gericht zum Tod verurtejlt: der Rabbiner von Schwarzwasser und sejne bejdn Soejhne. Konservative Christn behauptn tejlwejse noch heujte, dasz der Lejb Jesu von der Linde umhuellt wurde, wejl er von der Gewalttat der Judn so erschuettert gewesn sej.

  • Das wurde es, ja. Lejder. Aber zum Glueck habn unsere Freujnde in der katholischn Kirche alles unternommn, um dijsem Unsinn Ejnhalt zu gebijtn.

  • Joj... dann shpringn wir amal ins Jahr 1620. Damals hat der Turaner Volksprediger Wulfhard, ejn unsaejglicher Mensch, die altn Luegn uejber uns Judn wijder aufgewaermt: Ritualmord und Hostjenschaendung. A klejnes Kind solln wir geopfert habn. Lejder hat das ejnfache Volk den Luegn geglaubt - und so kams in der Rejchshauptshtadt zu ejnem neujen Pogrom. Und in dem Moment setzt dij Sage ejn: Der damalige Rabbi, Aaron Löw, habe ejnen Golem ershaffn, um dij Judn - erfolgrejch - gegn den Poejbel zu vertejdign. Sij wissn, was a Golem ist?

  • Ejn Golem ist der jiddischn Uejberlijferung zufolge ejn menschnfoermiges Lebewesn aus Ton oder Lehm. Es wird mit Gebetn und ejner Beschwoerungsformel, dij im Mund des Wesns platzijrt wird, zum Lebn erweckt. Dann gehorcht es sejnem Schoepfer. Dij Legende von Rabbi Loejw sagt, sejn Golem habe das Judnvijrtl erfolgrejch gegn dij aufgehetztn Massn vertejdigt. Aber das ist natuerlich nur ejne schoejne alte Sage. Historisch ist belegt, dasz es zu tagelangn Shtrasznschlachtn mit vijln Totn kam. Am Ende griff der Kajser ejn und shtellte dij Ordnung wijder her. Belegt ist auch, dasz das Pogrom von 1620 das letzte in Turanjen war. Sejther herrschte Frijdn zwischn Christn und Judn. Ob's am Golem lag? Was mejnen Sij?