Arkons und Narkons Erben – Die arkonisch-boruzzische Minderheit Turaniens

  • Einen wunderschönen guten Tag, meine Damen und Herren! Willkommen beim VHS-Kurs "Arkons und Narkons Erben – Die arkonisch-boruzzische Minderheit Turaniens". Mein Name ist Órban Arkándor. Ich bin Vorsitzender des Präsidiums des Zentralrats der Arkonier in Hermannstadt. Wie Sie vermutlich wissen, sollte eigentlich meine reizende Kollegin und Vizevorsitzende Elána Bálta den Kurs leiten. Leider ist sie ernsthaft erkrankt, weshalb der Beginn der Veranstaltung immer wieder verschoben wurde. Jetzt bat Elána mich, für Sie einzuspringen. Das habe ich natürlich gerne getan.


    Da wir hier in eher kleiner Runde zusammensitzen, würde ich Sie, werte Teilnehmerinnen und Teilnehmer, zum "Aufwärmen" ganz gerne bitten, sich kurz vorzustellen und Ihre Erwartungen an den Kurs zu skizzieren. Damit am Ende nicht jemand mit offenen Fragen nach Hause geht! :)

    Órban Arkándor
    Vorsitzender des Präsidiums des Zentralrats der Arkonier


    *Nebenidentität mit Minderheitenstatus*

    Einmal editiert, zuletzt von Órban Arkándor ()

  • Eilt zum Kurs, und nimmt in der Runde Platz.


    Gódur dagur. Mein Name ist Bodo Smidbjørgson. Wie Sie vielleicht hören, vielleicht auch nicht...ich komme von Vestreyja, oder Neuturanien, wie Sie hier sâgen würden.
    Da ich selbst Teil einer Minderheit bin, habe ich ein besonderes Interesse an den Arkoniern und Boruzzen. Muss sagen, dass ich leider noch gar nicht davon wahrgenommen habe. Mich würde besonders ihre Herkunft, ihre Geschichte, ihre Kultur und vielleicht auch etwas ihre Sprache interessieren.
    Und die wichtigste Frage jeder Minderheit: Was hat sich davon bis heute erhalten?

  • Ein Herr mit auffallendem Haarschmuck - eingeflochtenen Glasperlen - und auch sonst recht "folkloristisch" gekleidet, erhebt sich und stellt sich vor.


    *SO*Ich hoffe, dass geht in Ordnung, ich bin dann mit einer Linienmaschine angereist. 8)*SO*


    "Guten Tag oder : Chairete. Mein Name ist Niketas Choniatés und ich stamme aus einem Land mit einer Zentralregierung, zwei Staatssprachen und 7 autonomen Kulturregionen. Ich bin ladinischer Staatsbürger, spreche eturäisch als Muttersprache und gehöre dem Volke der Syrener an. Ich bin natürlich an diesem Thema interessiert."

  • Das freut mich aber außerordentlich, dass wir sogar Zuhörer aus so weit entfernten Ländern hier haben. Willkommen! Vielleicht können Sie uns im Laufe des Kurses ein wenig mehr aus Ihrem Land erzählen? Wie die Kulturen dort zusammenleben oder wie die Autonomie gestaltet ist. Vielleicht kann Turanien sogar noch etwas lernen. :)


    Kommen wir aber zunächst zum regulären Inhalt der Veranstaltung, wie ihn meine Kollegin Elána vorgesehen hat. Beginnen möchte ich mit einigen Begrifflichkeiten und Daten zur arkonischen Volksgruppe und Kultur. Es folgen grundlegende Dinge zu unserer Sprache. Dies soll zum Hauptteil des Kurses überleiten: zur arkonischen Geschichte, Mythologie und Religion. Selbstverständlich können Sie mich jederzeit unterbrechen und Fragen stellen.


    Um gleich loszulegen: Dieser Kurs trägt den Untertitel "Die arkonisch-boruzzische Minderheit Turaniens". Für die nicht-arkonischen Turanier unter Ihnen ist dieser Titel völlig klar und einleuchtend. "Arkonier und Boruzzen" ist die gängige Bezeichnung für unsere Volksgruppe, so werden wir in allen Verzeichnissen und politischen Werken geführt. Der Name hat sich eingebürgert. Das ist in Ordnung, wir beanstanden das nicht! Aber: Wir selbst nennen uns nicht so. Unsere Eigenbezeichnung ist schlicht Arkonier. Oder in unserer eigenen Sprache: Arkónyë.
    Heute sprechen noch etwa 60.000 Menschen im Osten Turaniens die arkonische Sprache als Muttersprache. In manchen Nachschlagewerken ist daher fälschlicherweise davon die Rede, es gebe nur noch 60.000 Arkonier. Das stimmt aber nicht! Wir definieren unsere Identität nämlich anders als die übrigen Turanier nicht nach der Sprache, sondern nach der Abstimmung. Wer eine arkonische Mutter hat, ist Arkonier. Insofern besteht für uns auch kein Widerspruch zwischen arkonischer und turanischer Identität: Wir können problemlos beides sein!
    Tatsächlich sprechen auch alle 60.000 arkonischen Muttersprachler Turanisch als Zweitsprache. Geschätzte 200.000 weitere Arkonier sprechen ausschließlich Turanisch. Sie zählen nach unserer Definition aber ebenfalls zu unserer Volksgruppe. Der Zentralrat der Arkonier, dessen Vorsitzender ich bin, vertritt als Dachverband aller arkonischen Kulturgruppen etwa 100.000 Mitglieder.

    Órban Arkándor
    Vorsitzender des Präsidiums des Zentralrats der Arkonier


    *Nebenidentität mit Minderheitenstatus*

  • Zitat

    Original von Bodo Smidbjørgson

    Nickt dem fremdländisch wirkenden Herrn freundlich zu.


    Niketas nickt freundlich zurück - auch in Richtung des Kursleiters - damit andeutend, dass er gerne Fragen beantworten wird, zunächst aber auf den Vortrag gespannt ist.

  • Jetzt verstehe ich, danke!
    Die turanische Bezeichnung stammt bereits aus dem Mittelalter. In kirchensprachlichen Dokumenten heißen die Arkonier "Arconii et Borutii". Aus "Borutii" wurde im Laufe der Zeit "Borutsi", später "Boruzzi". Man glaubte damals, das arkonische Volk bestehe aus zwei verschiedenen Stämmen. Das war ein Missverständnis. In Wirklichkeit gab es keine zwei Stämme, sondern nur eine ausgeprägte Dualität zwischen politischer und religiöser Macht. Ich komme darauf später zurück, wenn Sie gestatten.

    Órban Arkándor
    Vorsitzender des Präsidiums des Zentralrats der Arkonier


    *Nebenidentität mit Minderheitenstatus*

  • Das haben Sie nicht, keine Sorge.
    Kommen wir zur arkonischen Sprache. Ich will Sie sicherlich nicht mit unwichtigen Details langweilen. Das Arkonische ist höchst komplex und für Außenstehende schwer zu erlernen. Viele Wörter haben zahlreiche Bedeutungen und ihr Sinn ergibt sich erst im direkten Gespräch. Vielleicht ist das sogar mit ein Grund dafür, dass in der jüngeren Generation immer weniger Menschen Arkonisch reden und stattdessen auf das Turanische ausweichen.
    Unsere Sprache hat im Gegensatz zur turanischen vier grammatikalische Geschlechter. Eines davon ist weiblich, eines männlich, zwei sind neutral. Ich sage bewusst "neutral" und nicht etwa "sächlich". Denn einen sächlichen Artikel wie das turanische "das" gibt es im Arkonischen nicht. Stattdessen können die beiden neutralen sowohl männlich als auch weiblich sein. Sie erkennen sie an den Wortendungen -an und -ut. Ein grammatikalisch weibliches Wort endet auf -a, ein männliches auf -or oder -ur.
    Beispiel: Mein Vorname Órban setzt sich aus dem Stammwort Órb und der Geschlechtsbestimmung -an zusammen, mein Nachnamen aus Árkand und -or. Mein Vorname ist damit nicht eindeutig männlich, mein Nachname schon. Órban könnte theoretisch auch ein Frauennamen sein. Der Name meiner reizenden Kollegin Elána Bálta ist durchgehend weiblich.
    Vielleicht haben Sie sich schon einmal gefragt, was die merkwürdigen Akzente auf unseren arkonischen Wörtern bedeuten. Laienhaft gesagt – und dabei wollen wir es belassen – sind das Betonungszeichen. Die arkonische Sprache betont im Gegensatz zur turanischen nicht die Stammsilbe, sondern in der Regel die vorletzte Silbe eines Wortes. Einzige Ausnahme sind Verben. Diese erkennt man an der betonten Nachsilbe -ún.
    Um Ihnen das einmal beispielhaft durchzudeklinieren, nehme ich den Nachnamen meines zweiten Vize im Zentralrats-Präsidium, Gérut Túkur. Túkur bedeutet unter anderem "Vater", das Stammwort túk "väterlich". Mehrere Väter sind Tukúryë. Das von dem Wort abgeleitete Verb – im Turanischen wäre "zeugen" die beste Übersetzung – lautet tukún, die Vergangenheitsform tukút, Zukunft tukúr. Man beachte den Unterschied zum Substantiv Túkur.

    Órban Arkándor
    Vorsitzender des Präsidiums des Zentralrats der Arkonier


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  • Keine Fragen bis hierher? Gut, dann machen wir weiter. :)
    Wir bleiben zunächst bei der Sprache, gehen aber weg von der Grammatik und widmen uns der Sprachgeschichte. Wie Sie vielleicht gehört haben, ist das Arkonische mit keiner Sprache der Welt näher verwandt. Es gilt als sogenannte isolierte Sprache. Das hat Wissenschaftler und Gelehrte in den vergangenen Jahrhunderten nicht davon abgehalten, die Sprache von anderen herzuleiten oder als im weitesten Sinn verwandt zu deklarieren.
    Mitunter waren das ganz fantasievolle Herleitungen, über die man heute wohl bestenfalls schmunzeln kann. So war im 17. und 18. Jahrhundert die Theorie weit verbreitet, das Arkonische sei mit dem Hebräischen verwandt. Kluge Köpfe jener Zeit erklärten unsere Volksgruppe kurzerhand zu einem der verschollenen Stämme Israels...! :D
    Deutlich realistischer und im wahrsten Sinne naheliegender sind Verwandtschaftsverhältnisse zum Turanischen oder zum Barnstorvischen, also zu unmittelbar benachbarten Sprachen. Tatsächlich gibt es zu beiden gewisse Ähnlichkeiten. Nicht in der Grammatik, aber doch im Wortschatz. Diese Ähnlichkeiten lassen sich aber besser mit der engen Nachbarschaft erklären. Man braucht keine Verwandtschaft zu konstruieren! Entsprechend wird die Herleitung des Arkonischen aus einer steinzeitlichen Form der turanischen Sprache heute nur noch von rechtsextremen Kreisen vertreten, die damit die völlige Herrschaft Turaniens über die Arkonier begründen möchten.

    Órban Arkándor
    Vorsitzender des Präsidiums des Zentralrats der Arkonier


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  • "Ja, habe ich richtig verstanden, dass jegliche Bedeutung eines Wortes in Eurer Sprache von der Endung abhängt? Das Arkonische wäre demnach eine agglutinierende Sprache? Verzeiht mir, wenn meine Frage ein wenig einfältig erscheinen sollte..." meint Niketas mit verlegenem Lächeln

  • Ehrlich gesagt, Herr Smidbjörgson, kenne ich mich mit der neuturanischen Sprache nicht so gut aus.
    Allerdings bin ich überrascht, dass Sie Barnstorvisch nicht kennen. Wir Arkonier haben zugegebenermaßen durch unsere Wohnsitze im Osten Turaniens mehr mit Barnstorvia zu tun als Sie auf Ihrer Insel. Irritiert bin ich dennoch.


    Herr Choniates, Sie treffen den Nagel auf den Kopf. Wie ist denn Ihre Sprache strukturiert?

    Órban Arkándor
    Vorsitzender des Präsidiums des Zentralrats der Arkonier


    *Nebenidentität mit Minderheitenstatus*

  • "Ah, ich verstehe! meine Muttersprache, dass Eturäische hat mit dem Ladinischen gemein, eine fusionale Sprache zu sein, auch viele Worte haben einen gemeinsamen Wortstamm. Im Grunde sind sie aber nur insoweit miteinander verwandt, wie zum Beispiel Barnstorvisch und Dreibürgisch.
    das Barnstorvische ist mir übrigens durchaus bekannt, es ist nämlich mit dem Laadinischen eng verwandt. Ladinisch und Eturäisch wiederum haben sich über die Jahrhunderte des Lebens in einem gemeinsamen Raum einander angenähert, indem die eine Sprache Lehnworte aus der jeweils anderen übernommen hat. Barnstorvisch und Ladinisch sind sich dennoch so nahe, dass ein Ladiner einem Gespräch in barnstorvischer Sprache sinngemäß folgen kann."