Sehr geehrter Herr Saxburger,
in den Reihen der Nationalversammlung besteht Uneinigkeit über die Auslegung von Artikel 45 der Föderationsverfassung. Parlamentspräsident Abeken lehnte einen Antrag auf Aussprache über einen Gesetzesentwurf mit der Begründung ab, der Entwurf kombiniere eine verfassungsändernde und eine einzelgesetzliche Rechtsnorm. Eine Abstimmung darüber sei nicht möglich. Stattdessen müsse entweder der Entwurf oder die Abstimmung zweigeteilt werden. Eine Zweiteilung der Abstimmung aber ist meines Erachtens verfassungsrechtlich nicht möglich.
Artikel 45 sagt aus, dass die Verfassung "nur durch ein Gesetz geändert werden [kann], das den Wortlaut der Verfassung ausdrücklich ändert oder ergänzt". Er verbietet ausdrücklich nicht, dass ein solches Gesetz auch einzelgesetzliche Normen enthält. Selbstverständlich bedarf es aber für ein solches kombiniertes Gesetz die durch Artikel 45 vorgeschriebene Zweidrittelmehrheit in der Nationalversammlung.
Herr Vorsitzender, der Antragsteller bittet Sie, zu dieser rechtlichen Auslegungsfrage im Rahmen eines Verfassungsgutachtens Stellung zu beziehen.
Mit freundlichen Grüßen
Sigurd Thorwald