Sehr geehrte Damen und Herren, ich heiße Sie herzlich willkommen zu meinem Kurs "Wege zur Einheit – Vom Ende des Kaiserreichs bis zur Gründung der Föderation". Wenn Sie Platz genommen haben, skizziere ich Ihnen kurz, worum es hier gehen soll.
Wege zur Einheit
-
-
nimmt Platz
-
schleicht sich rein
-
Kommt herein, die Jacke lässig über die Schulter gewofen. Grüßt die bereits Anwesenden und setzt sich sodann.
-
Erkennt Klebitz unter den Teilnehmern und nickt ihm erfreut zu.
Dann wollen wir mal loslegen...
Die VHS hat diesen Kurs ja mit den Worten angekündigt, da rede "einer, der sich damit auskennen muss". Das klingt beinahe so, als ob ich den Amtsverzicht des Kaisers 1823 selbst miterlebt hätte. Aber ganz so alt bin ich dann doch noch nicht...
Aber ganz im Ernst: Dieser Kurs, an dem Sie ja offenbar teilzunehmen gewillt sind, soll Sie einerseits über die wichtigsten Ereignisse der turanischen Geschichte der letzten rund 200 Jahre informieren, andererseits aber auch aufzeigen, welche einzelnen politischen Schritte letztlich zur Turanischen Einheit von 2002 führten, also zur Gründung des ersten richtigen turanischen Nationalstaats, der Föderation Turanischer Republiken, die man heute gemeinhin als die "alte Föderation" bezeichnet.
Wir werden hier also einen Blick auf den Bürgerkrieg werfen, der zum Rücktritt des Kaisers führte, auf den politischen Neubeginn der fünf unabhängigen festlandturanischen Staaten, die Wirtschaftsunion, die sich zum Turanischen Bund entwickelte und dessen Wachsen und Gedeihen. Sie werden von der Bundesreform von 1884 hören, von Bundeskommission und Bundesflotte, von Feldmarschall Helmrich-Groningen, den Wirtschaftskrisen der 1920er und 50er Jahren, der Einführung des Tura als gemeinsamer Währung, dem "kleinturanischen Sonderweg", dem umstrittenen Bundesreformplan von 1984 und schließlich dem 5-Tage-Krieg in den 90ern, der gewissermaßen den Weg zur Föderation ebnete.
Gibt es bis hierher Fragen? -
hier bin ich richtig. Manchmal lohnt sich das Durchblättern alberner Werbeprospekte eben doch
-
Erkennt Klebitz unter den Teilnehmern und nickt ihm erfreut zu.
Winkt Thorwald kurz zu.
-
Hat den einführenden Worte noch an der Tür stehend gelauscht und sucht sich nun schnell ein Plätzschen im hinteren Teil des Raumes
-
Verdammt es geht schon los.
Setzt sich in die letzte Reihe und versucht nicht mit dem Rock zu knistern.
-
Ist ganz überrascht über die hohe Teilnehmerzahl.
-
Ist überrascht über Thorwalds Überraschung.
-
Nachdem alle ausreichend überrascht sind, beginnt der Vortrag.
Beginnen möchte ich mit einer kleinen Zusammenfassung: Wie kam es zum Turanischen Bürgerkrieg? Im Prinzip beginnt diese letzte Epoche des Kaiserreichs im ausgehenden 18. Jahrhundert. Missernten und Hungersnöte verschärften die ohnehin prekäre Situation der Landbevölkerung. 1792 brach im Süden der damaligen großturanischen Reichslande, die unter der direkten Herrschaft des Kaisers standen, ein Bauernaufstand aus. Er blieb zwar regional begrenzt, zeigte aber zum ersten Mal deutlich, wie schnell die Unzufriedenheit der Menschen in Gewalt umschlagen konnte. Als dann 1806 auch noch der Krieg gegen Barnstorvia ausbracht, den das Reich zwei Jahre später als verloren verbuchen musste, war das Ansehen der Monarchie im Volk am Tiefpunkt angelangt.
Ausgelöst durch die Kriegsfolgen, insbesondere die schlechte Versorgungslage, forderten immer mehr Menschen einen grundlegenden Wandel. Bis 1821 hielten sich die Proteste noch einigermaßen in Grenzen. Lokale Kundgebungen wurden von der Staatsmacht aufgelöst, die Pressefreiheit faktisch abgeschafft, um unliebsame Beiträge zu verhindern. 1821 dann entlud sich die Wut: In Turan kam es zu Barrikadenkämpfen zwischen radikalen Demokraten, zumeist Studenten, und dem kaiserlichen Militär. Reichskonsul Ignatius Gotthold von Leberecht, einer der führenden Berater des Kaisers, spielte hier eine besonders unrühmliche Rolle: Er ließ auf das eigene Volk schießen – und heizte so die Wut noch weiter an. Im ganzen Land brachen Kämpfe aus. Bald waren die Monarchisten auf breiter Front auf dem Rückzug. Noch 1821 erklärte Neuturanien, Vestreyja, seine Unabhängigkeit. Im Jahr darauf jagten die Ostturanier den Turanischen Orden, der bislang die Herrschaft innehatte, aus dem Land.
Ebenfalls 1822 floh Kaiser Karl VI. aus Turan und versteckte sich in seinem Schloss in Bad Nymphenheim. Reichskonsul Leberecht übernahm das Kommando in der Hauptstadt und etablierte faktisch eine Militärdiktatur. Immer brutaler wurden die Auseinandersetzungen – und schließlich so brutal, dass unzählige Soldaten desertierten und sich auf die Seiten des Bürgeraufstands stellten. Damit war der Kampf in Turan entschieden: Im Mai 1823 besetzten Aufständische die Hofburg und richteten Leberecht hin. Der Kaiser unterschreib seinen Amtsverzicht und floh gemeinsam mit seinem ältesten Sohn mit dem Schiff von Thorshaven nach Albernia, von wo er später nach Livornien weiterreiste. Seine Nachkommen leben dort noch heute.
In Turanien jedenfalls endete mit dem Sturm auf den Kaiserpalast und dem Rücktritt des Kaisers die erste Phase des Bürgerkriegs. Manchmal liest oder hört man, dass damit sogar der ganze Bürgerkrieg beendet gewesen wäre. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Für Turan war er beendet, ja, aber für andere Gegenden ging er weiter – teilweise noch jahrelang.
Gibt es bis hierher Fragen? -
Ja hier, Dr. Thorwald...!
-
hebt die Hand
-
Herr Doktor Klebitz...?
-
Vielen Dank...
Meine Frage bezieht sich auf den Reichskonsul. In der rechtsgeschichtlichen Literatur findet man nur sehr wenig.
Auf welche rechtliche Grundlage fußt denn dieses Amt? War es eine verfassungsmäßige Dauereinrichtung oder war sein Amt an eine Ernennung gebunden? -
Da stellen Sie vielleicht Fragen, mein lieber Dr. Klebitz...! Ich bin jetzt kein Mediävist, aber soweit ich weiß, gab es dieses Amt seit dem hohen Mittelalter. Zumeist wurden wohl vier Reichskonsuln vom Kaiser ernannt, faktisch die einzigen wirklichen "Regierungsämter" auf Reichsebene. Verfassungsmäßig war diese Einrichtung aber sicher nicht, eher gewohnheitsrechtlich. Eine "Verfassung" im auch nur halbwegs modernen Sinn gab es damals ja noch nicht.
-
Dann scheint es ja doch ein Verfassungsorgan zu sein, losgelöst von der modernen Vorstellung einer geschriebenen Verfassung.
Vielen Dank. -
Im weitesten Sinne vielleicht schon, ja. Aber nicht im Sinne des Kaisers oder des Reichsrats.
-
wartet bis er aufgerufen wird