(...)
Teil 4
Verfahrensordnung
§ 11 - Verfahrenshoheit
(1) Die Verfahrenshoheit eines Gerichts richtet sich nach der räumlichen und der materiellen Zuständigkeit.
(2) Vorbehaltlich der Bestimmungen des Paragrafen 5:
1. sind Bezirksgerichte zuständig für das Zivil- und Strafrecht;
2. sind Landesgerichte zuständig für Strafverfahren wegen Straftaten gegen Leib und Leben;
3. ist der Oberste Gerichtshof zuständig für Strafverfahren wegen Straftaten gegen die Föderation oder gegen Verfassungsorgane der Föderation.
§ 12 - Verfahrensübernahme
(1) Die Verfahrenshoheit kann vom zuständigen Gericht auf eine höhere Instanz übertragen werden (Verfahrensübernahme).
(2) Eine Verfahrensübernahme ist möglich, wenn ein zuständiges Gericht nicht besteht oder:
1. auf Beschluss des zuständigen Gerichts mit Zustimmung aller Verfahrensbeteiligten, wenn auch die nächsthöhere Instanz zustimmt;
2. auf Beschluss der nächsthöheren Instanz auf Antrag mindestens eines Verfahrensbeteiligten;
3. auf Beschluss des Obersten Gerichtshofs, sofern ein öffentliches Interesse an der Verfahrensübernahme vorliegt.
§ 13 - Antragsverfahren
(1) Gerichtsverfahren werden vom zuständigen Gericht auf Antrag angesetzt.
(2) Den Antrag auf Eröffnung eines Verfahrens stellt:
1. bei zivilrechtlichen Schiedsgerichtsverfahren eine der beteiligten Parteien;
2. bei zivilrechtlichen Klageverfahren die klagende Partei;
3. bei Strafverfahren der zuständige Staats- oder Föderationsanwalt (Anklageerhebung).
§ 14 - Vorsitz
(1) Gerichtsverfahren finden unter Vorsitz eines Richters (Vorsitzender) statt. Der Vorsitz richtet sich nach der Geschäftsordnung des zuständigen Gerichts.
(2) Der Vorsitzende leitet das Verfahren und übt für dessen Dauer im Gerichtssaal das Hausrecht aus. Sofern es für den ungestörten Verlauf des Verfahrens nötig ist, kann er:
1. Verfahrensbeteiligte maßregeln oder befristet vom Verfahren ausschließen;
2. Zuschauer aus dem Gerichtssaal entfernen lassen;
3. Ordnungsgelder gegen Verfahrensbeteiligte oder Zuschauer verhängen;
4. die Öffentlichkeit dauerhaft oder befristet von dem Verfahren ausschließen.
§ 15 - Verfahrensablauf; Fristen
(1) Gerichtsverfahren sind mindestens 120 Stunden vor ihrer Eröffnung vom Vorsitzenden öffentlich anzukündigen.
(2) Der Vorsitzende kann ein Verfahren befristet unterbrechen, sofern dies für den weiteren Verlauf sachdienlich ist. Die Dauer der Unterbrechung ist in dem entsprechenden Beschluss anzugeben.
(3) Der Vorsitzende kann das Verfahren einstellen, wenn:
1. eine außergerichtliche Einigung der Verfahrensbeteiligten erfolgte;
2. alle Verfahrensbeteiligten dem zustimmen und kein öffentliches Interesse an einer Fortdauer des Verfahrens besteht;
3. in einem Strafverfahren eine Verurteilung unwahrscheinlich ist oder nur zu einer geringen Strafe führen würde.
(4) Allen Verfahrensbeteiligten ist ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, zumindest zu Beginn und am Ende eines Verfahrens. Der Vorsitzende kann eine Frist festlegen, binnen derer Stellungnahmen zu erfolgen haben. Die Frist hat mindestens 72 Stunden zu betragen.
(5) Der Vorsitzende ruft an geeigneter Stelle des Verfahrens Zeugen, von denen sachdienliche Angaben zu erwarten sind, dazu auf, sich zu Wort zu melden. Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(6) Nach den abschließenden Stellungnahmen der Verfahrensbeteiligten (Plädoyers) soll das Gericht binnen einer Woche zu einem Urteil kommen. Das Urteil muss begründet sein.
§ 16 - Vertretung vor Gericht
(1) Verfahrensbeteiligte, die nicht Richter oder Anklagevertreter sind, können sich im Gerichtsverfahren durch einen Rechtsbeistand vertreten oder unterstützen lassen.
(2) Ein Rechtsbeistand muss die Befähigung zum Richteramt besitzen und an einem Gericht im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassen sein.
§ 17 - Nebenkläger
In Strafverfahren kann das Gericht von der Straftat unmittelbar Betroffene oder Familienangehörige als Nebenkläger zulassen. Paragraf 16 gilt entsprechend
§ 18 - Vorverfahren
(1) Ein Verfahren im Strafrecht beginnt in der Regel mit einem Vorverfahren. Ein Vorverfahren ist die Ermittlungstätigkeit:
1. der zuständigen Staats- oder Föderationsanwalt;
2. der Polizei;
3. der Polizei im Auftrag der zuständigen Staats- oder Föderationsanwaltschaft.
(2) Die Ermittlungstätigkeit hat unvoreingenommen und unparteilich zu erfolgen.
§ 19 - Berufung
(1) Gegen Urteile eines Gerichts kann binnen einer Frist von sieben Tagen bei der nächsthöheren Instanz einmalig das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden.
(2) Das Rechtsmittel der Berufung kann von allen Verfahrensbeteiligten, die nicht Richter sind, eingelegt werden.
(3) Wird Berufung gegen ein Urteil eingelegt, geht die Verfahrenshoheit auf die nächsthöhere Instanz über.
(4) Gegen Urteile des Obersten Gerichtshofs ist eine Berufung nicht möglich.
§ 20 - Revision
(1) Legt ein Verfahrensbeteiligter, der nicht Richter ist, das Rechtsmittel der Revision ein, so überprüft die nächsthöhere Instanz die Verfahrensführung des Gerichts, gegen dessen Urteil Revision eingelegt wurde. Stellt die nächsthöhere Instanz grobe sachliche Fehler oder Gesetzesverstöße in der Verfahrensführung fest, ist das Verfahren beim zuständigen Gericht zu wiederholen.
(2) Das Rechtsmittel der Revision kann binnen einer Frist von sieben Tagen bei der nächsthöheren Instanz eingelegt werden.
(3) Revision gegen ein Urteil des Obersten Gerichtshofs ist nur bei Verfahren möglich, für die der Oberste Gerichtshof das Verfahren gemäß Paragraf 12 an sich gezogen hat. Das Rechtsmittel wird eingelegt beim Obersten Gerichtshof. Die Prüfung gemäß Absatz 1 obliegt einem anderen Richter des Obersten Gerichtshofs. Sofern nur ein Richter des Obersten Gerichtshofs ernannt ist, gilt die Frist gemäß Absatz 2 ab dem Amtsantritt eines weiteren Richters des Obersten Gerichtshofs.
Teil 5
Schlussbestimmungen
§ 21 - Bezeichnungen
Die Länder sind ermächtigt, auf dem Wege der Gesetzgebung eigene Bezeichnungen für Bezirksgerichte, Landesgerichte, Richter und Staatsanwälte festzulegen.
§ 22 - Vollzug
Der Vollzug dieses Gesetzes obliegt dem für die Justiz zuständigen Föderationsminister.
§ 23 - Außerkrafttreten
Mit Inkrafttreten dieses Gesetzes treten die Allgemeine Prozessordnung i.d.F. vom 29. August 2005 und die Turanische Gerichtsordnung i.d.F. vom 15. Juli 2013 außer Kraft.
§ 24 - Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt mit Ablauf des Tages seines Verkündung in Kraft.