Verfassungsgutachten Artikel 45

  • Sehr geehrter Herr Oberster Richter,


    in einer vergänglichen Abstimmung über ein Verfassungsänderungsgesetz kam in der Nationalversammlung die Frage über die Auslegung des Artikels 45 im Bezug auf die Mehrheit der Stimmen auf.

    Derzeitig ist es strittig, ob der Artikel 45 unserer Verfassung von einer zwei Drittel Mehrheit der abgegebenen Stimmen oder von einer zwei Drittel Mehrheit der gesamten Stimmen der Nationalversammlung ausgeht.

    Ich bitte Sie über ein entsprechendes Verfassungsgutachten in dieser Thematik. Ich handle gerade im Auftrag der gesamten Nationalversammlung, Sie, Herrn Vorsitzender, in dieser Thematik aufzusuchen.


    Mit freundlichen Grüßen


    Matthew Hernandez

    Föderationssekretär im Föderationsministerium für Justiz

  • wischt hier ein wenig Staub

    Ob der neue Herr ORig überhaupt bereits in sein Amt eingeführt wurde?

    Matthew Hernandez

    Föderationssekretär im Föderationsministerium für Justiz



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    Oberster Gerichtshof
    der Turanischen Föderation



    VERFASSUNGSRECHTLICHE
    STELLUNGNAHME


    Auf Anfrage des Abgeordneten Matthew Hernandez vom 28. Mai 2018 gibt der Oberste Gerichtshof folgende Stellungnahme ab:


    Nach Ansicht des Gerichts ist die in Artikel 45 der Föderationsverfassung für das Zustandekommen verfassungsändernder Gesetze vorgeschriebene "Zustimmung (...) von zwei Dritteln der Stimmen der Nationalversammlung" erfolgt, wenn von den abgegebenen Stimmen mindestens zwei Drittel dem Gesetz zustimmen. Eine Zweidrittelmehrheit der Mitglieder der Nationalversammlung ist nicht nötig. Das Gericht rät dem Gesetzgeber aber dringend, die missverständliche Gesetzeslage anzupassen.


    Begründung:


    In Artikel 45 FödVerf heißt es: "Diese Verfassung kann nur durch ein Gesetz geändert werden, das den Wortlaut der Verfassung ausdrücklich ändert oder ergänzt. Ein solches Gesetz bedarf der Zustimmung des Föderationsrates und von zwei Dritteln der Stimmen der Nationalversammlung." Aus dem Zusammenhang geht zunächst nicht hervor, ob damit die abgegebenen Stimmen gemeint sind oder alle Stimmen, mithin also die Zahl der Mitglieder der Nationalversammlung. Zum Vergleich: In Artikel 42 ist bei einfachen, nicht-verfassungsändernden Gesetzen ausdrücklich von der "Mehrheit der abgegebenen Stimmen" die Rede.


    Das vorliegende Problem der Deutung des Begriffs "Stimmen" ergibt sich nach Auffassung des Gerichts aus § 14 des Föderationswahlgesetzbuchs (FWGB). In dessen Absatz 2 heißt es: "Vorbehaltlich der Regelung des Paragrafen 15 Absatz 4 haben die durch Wahl bestimmten Mitglieder der Nationalversammlung zusammen 200 Stimmen." Hier bezeichnet "Stimmen" also die Gesamtzahl der den Mitgliedern der Nationalversammlung zustehenden Abstimmungsmöglichkeiten. Nun ist das FWGB aber am 8. März 2016 in Kraft getreten, die Föderationsverfassung aber bereits am 10. August 2013. Da bezüglich der "Stimmen" eine Verfassungsänderung nicht erfolgt ist, ist eine Deutung des Begriffs im Sinne der FödVerf analog zum FWGB nicht statthaft.


    Das Gericht ist daher der Auffassung, dass die "Stimmen" in Artikel 45 analog zu Artikel 42 als Anzahl der "abgegebenen Stimmen" zu verstehen sind. Dafür spricht auch, dass bei allen bisherigen Verfassungsänderungen seit Inkrafttreten der Föderationsverfassung 2013 stets eine Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen zum Zustandekommen des Gesetzes genügte und sich nie Widerspruch dagegen erhob. Dies freilich ist für die verfassungsrechtliche Einschätzung unerheblich und sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt.


    Um nun für die Zukunft ähnliche Zweifel an der Auslegung der Verfassung nach Möglichkeit auszuschließen, rät das Gericht der Nationalversammlung und dem Föderationsrat, die FödVerf auf dem Wege der verfassungsändernden Gesetzgebung entsprechend zu ändern. Es ist dem Gesetzgeber dabei selbstverständlich freigestellt, ob er für verfassungsändernde Gesetze künftig die Zustimmung von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen oder zwei Dritteln der Gesamtstimmenzahl der Nationalversammlung vorschreibt.


    Turan, 19. Juli 2018


    Landolf Barnabas Schiller
    Vorsitzender Richter am OGH


  • Politikerin

    Gesetzessprecherin (Lögmaður) des Neuturanischen Allthing a.D
    Föderationsbeauftragten für den Friedensprozess in al-Bathía a.D.

    Präsidentin der turanischen Föderation a.D.

  • Matthew bedankt sich schriftlich beim Gericht und leitet das Gutachten umgehend an den Präsidenten der NV weiter

    Matthew Hernandez

    Föderationssekretär im Föderationsministerium für Justiz