[Eschenland] Rat des Bezirks

  • Ordert im Vorzimmer drei Kaffees.


    Nun, Genosse Esau, Sie haben das schon richtig eingeordnet...

    Für Ihre Kontakte können Sie zweifelsohne aus familiären Gründen nicht übermäßig viel. Dafür, dass Ihr Bruder und Ihre Mutter für die Konterrevolution stehen, auch nicht. Das Verhängnisvolle an Ihrem Handeln ist aber, dass Sie die Kontakte zu Ihrer reaktionären Familie nicht nur nicht abgebrochen haben. Sie haben nach den uns vorliegenden Informationen auch aktiv Partei ergriffen – zuungunsten des Staates und zum Schaden mindestens einer Person, die sich im Haushalt Ihrer Mutter in einem ausbeuterischen Dienstverhältnis befand und offenbar noch immer befindet.

    Genosse Esau, niemand wirft Ihnen vor, dass Sie Ihrer Mutter einen kleinen Gefallen taten, als Sie die Genossen vom Ministerium wegschickten. Das mag aus rein menschlicher Sicht verständlich gewesen sein. Aber Sie sind nicht irgendwer. Sie kein einfacher Genosse in der Provinz. Sie sind Staatsratsvorsitzender und Erster Sekretär des ZK. An Ihrem Handeln misst man den Sozialismus in unserem Land! Und wir müssen alles vermeiden, was auch nur im geringsten den Eindruck entstehen ließe, der Vorsitzende des Staatsrats der Flandrischen Demokratischen Republik mache gemeinsame Sache mit konterrevolutionären Elementen oder dulde auch nur die Extravaganzen der Bourgeoisie. Der Staatsratsvorsitzende muss unbestechlich sein!

    Vorsitzender des Staatsrats

    Erster Sekretär des ZK der SVPF

    Bezirkssekretär Eschenland a.D.

  • Während er aufmerksam zuhört, trinkt er dabei genüsslich seinen Kaffee.


    In der Tat kann man dem Genossen Schierling nur zustimmen. Der Staatsratsvorsitzender ist das Symbol unser sozialistischen Republik und muss dementsprechend auftreten.

  • Genossen, ich bin ganz bei Ihnen: Der Staatsratsvorsitzende darf sich nicht dem Anschein der Bestechlichkeit aussetzen. Aber bedenken Sie: Die kleine Begebenheit im Haus meiner Mutter, auf die Sie wohl anspielen, ist lange her. Und ich habe die Genossen vom Ministerium ja damals gar nicht angewiesen, der Sache nicht weiter nachzugehen. Wie hätte ich das auch tun sollen? Ich war Mitglied im ZK, hatte aber keinerlei staatliches Amt inne. Es ging damals lediglich darum, dass meine Mutter schwer erkrankt war und sie in diesem Moment Ruhe brauchte. Das versuchte ich den Genossen deutlich zu machen.

    Vorsitzender des Zentralrats der Nationalen Demokratischen Front

    Erster Sekretär des ZK der SVPF a.D.

    Staatsratsvorsitzender a.D.

  • Sie geben es also zu, dass Sie die Genossen damals anwiesen, wieder zu gehen?! Um es deutlich zu sagen: Sie kamen nie wieder – denn Sie stiegen in der Partei und im Staatsapparat immer weiter auf. Ihr Verhalten von damals hat dem Sozialismus geschadet. Und es war ja nicht einmal die einzige Begebenheit, die uns zu Ohren gekommen ist...

    Vorsitzender des Staatsrats

    Erster Sekretär des ZK der SVPF

    Bezirkssekretär Eschenland a.D.

  • Ihr Kontakt zu konterrevolutionären Elementen ist nicht abgebrochen, Genosse Esau. Das beunruhigt uns und macht Sie weiter angreifbar. Eine unhaltbare Situation für den Staatsratsvorsitzenden und Ersten Sekretär des ZK der SVPF! Wir – das heißt: die Genossen Waldmann, Rotherhan, Bergmann-Oster und meine Wenigkeit – möchten Ihnen einen Vorschlag unterbreiten, wie wir diese unangenehme Situation bereinigen können: Nach einer angemessenen Phase der Ruhe und Besinnung stellen Sie Ihr Amt als Staatsratsvorsitzender und Erster Sekretär zur Verfügung. Sagen Sie meinetwegen, es gehe Ihnen gesundheitlich nicht gut und Sie könnten die beiden gewichtigen Ämter nicht mehr zur vollen Zufriedenheit von Staat und Partei ausüben. Im ZK sowie im Präsidium der Nationalen Demokratischen Front können Sie gern bleiben, wenn Sie das möchten. Im Gegenzug verpflichten wir uns, dafür zu sorgen, dass nie auch nur der Hauch eines Zweifels auf Ihre Amtszeit fallen wird.


    Blickt zu Til Waldmann, als wolle er sich dessen Zustimmung versichern.

    Vorsitzender des Staatsrats

    Erster Sekretär des ZK der SVPF

    Bezirkssekretär Eschenland a.D.

  • Vergessen Sie nicht unsere Genossin Ruth Müller, Genosse Schierling.


    An Esau gerichtet.


    Ich würde das Angebot des ZK annehmen Genosse Staatsratsvorsitzender. Es ist ein faires und gerechtes Angebot nach sozialistischer Art. Sie werden wirtschaftlich auch keine Einbußen befürchten müssen.

  • Nun ja... die Genossin Müller ist meines Wissens noch nicht vollkommen im Bilde. Und braucht das auch gar nicht sein, denke ich.

    Oder was meinen Sie, Genosse Waldmann? Wir wollen die Sache für den geschätzten Genossen Esau ja nicht noch unangenehmer machen, als sie ohnehin schon ist...

    Vorsitzender des Staatsrats

    Erster Sekretär des ZK der SVPF

    Bezirkssekretär Eschenland a.D.

  • War einige Augenblicke sprachlos.


    Sie wollen mich also erpressen. Ja, Genossen? Den Staatsratsvorsitzenden erpressen?

    Vorsitzender des Zentralrats der Nationalen Demokratischen Front

    Erster Sekretär des ZK der SVPF a.D.

    Staatsratsvorsitzender a.D.

  • Atmet tief durch.


    Genossen, ich denke, es gibt hier nichts mehr zu besprechen...

    Guten Tag!


    Dreht sich um und verlässt wütend den Raum. Die Tür schlägt er zu.


    Mein lieber Franz, das sieht nicht gut aus...

    Vorsitzender des Zentralrats der Nationalen Demokratischen Front

    Erster Sekretär des ZK der SVPF a.D.

    Staatsratsvorsitzender a.D.