Landtagssitzung 2022

  • Das erste ist eher eine Stil- oder redaktionelle Anmerkung. Nach meinem Dafürhalten, sollte das erste Änderungsgesetz in der Kurzfassung nicht Gerichtsänderungsgesetz heißen, sondern Gerichtsgesetzänderungsgesetz. Wir wollen ja nicht das Gericht sondern das Gerichtsgesetz ändern.

    Da haben Sie natürlich vollkommen recht.



    Inhaltlich sehe ich in diesem Gesetzentwurf im neuen § 5 Absatz 2 ein Problem dahingehend, dass der neuen Verfassungsgerichtskammer fest 3 der 5 Richter des Landgerichts angehören sollen. Das Gerichtsgesetz bestimmt im § 4 Absatz 2 jedoch, das das Landgericht aus einem Vorsitzenden und bis zu 4 weiteren Richtern bestehen soll. Wie steht es nach der neuen Regelung um die Bildung der Verfassungsgerichtskammer, wenn das Landgericht, wie z.B. im Augenblick nur aus dem Vorsitzenden Richter besteht? Kann dann die Kammer nach § 5 Absatz 2 nicht gebildet werden? Und ist in diesem Fall für Verfahren nach Artikel 18 Staatsgrundgesetz das Landgericht in der jeweils aktuellen Besetzung zuständig? Vielleicht sollte man die Kammerbesetzung ebenso flexibel handhaben wie die Besetung des Landgerichts insgesamt. Oder man findet einen anderen Weg, für Verfassungsstreitigkeiten eine mindestens dreiköpfige Kammer zu bilden.

    Zu diesem Punkt bin ich bereits mit meiner Erklärung zum Entwurf eingegangen. Die Bildung dieser Kammer ist keine Pflicht, da in § 5 Abs. 1 nur geregelt ist, dass diese Kammer eingerichtet werden kann. In Verbindung mit Absatz 2 entsteht auch eine Voraussetzung zur Bildung dieser Kammer, welche mindestens drei Richter am Landgericht vorsieht.

    Aber ich stimme Ihnen da zu, eine flexiblere Handhabung hinsichtlich der Besetzung dieser Kammer (bis zu drei Mitgliedern) ist sicherlich vernünftig. Sodann würde ich den Entwurf auch dahingehend anpassen, dass die Bildung dieser Kammer am Landgericht zur Pflicht wird. Wie würden Sie das sehen?


    Der § 3 des Landgerichtverfahrensgesetzentwurfs bereitet mir auch einige Bauchschmerzen. Darin soll ein, oder rmehrere, Richter vom Verfahren ausgeschlossen werden, die in einem Gesetzgebungsverfahren bezüglich der streitigen Sache "von Amts oder Berufs wegen" tätig waren. Wenn man diese Bestimmung streng auslegt, könnten Richter, die zugleich Mitglieder des Landtags sind und am Gesetzgebungsverfahren zu einem Gesetz über das verhandelt werden soll, beteiligt waren, in einem solchen Verfahren nicht mit entscheiden. Unabhängig davon, ob man schon die Abstimmung über ein Gesetz im Landtag als "Tätigwerden" im Gesetzgebungsverfahren ansieht, würden man solchen Richtern entweder das Recht zur Gesetzeinitiative einschränken oder den potenziellen Personenkreis für die Besetzung der Verfasungsgerichtskammer unnötig einschränken.

    Ich muss gestehen, dass ich diesen Ausschlussgrund vom Verfahren absichtlich so formuliert habe. Sicherlich habe ich mit dem Tätigwerden nicht die Teilnahme an der Abstimmung an sich gemeint, sondern es bezieht sich mehr darauf, dass wenn der Richter im Landtag das Gesetz eigens eingebracht hat oder es in einer gewissen Art und Weise durch Redebeiträge verteidigt hat oder versucht hat, Stimmen für ein Votum gegen das Gesetz zu sammeln. Die Teilnahme an der Abstimmung an sich ist für mich im Sinne des Entwurfes kein Tätigwerden, vielmehr sind es dann die Redebeiträge die einen solchen Ausschluss begründen können.

    Ich sehe hier aber keine unnötige Einschränkung. Viel mehr sehe ich die Notwendigkeit für eine solche Ausschluss Regelung, da nun mal in unserem Freistaat jede eingetragene Bürgerin jeder eingetragene Bürger Mitglied des Landtages ist und die Mitgliedschaft im Landtag einer Mitgliedschaft im Landgericht nicht entgegensteht. Es kann ja am Ende nicht sein, dass ein Richter am Landgericht über die Vereinbarkeit eines Gesetzes entscheidet, an welchem er entweder mit geschrieben hat oder es eingebracht hat oder er versucht hat es zum scheitern zu bringen.

    Ich bin aber offen für anderweitige Vorschläge zur Regelung eines solchen Ausschlusses.


    Und vorerst zum Schluss meiner Ausführungen möchte ich § 10 Absatz 2 des Landgerichtverfahrensgesetzentwurfs probematisieren. Damit verwehren Sie dem einzelnen Bürger des Freistaats die Möglichkeit der abstrakten Normenkontrolle und lassen ihm nur die konkrete Normenkontrolle offen, während Landtag und Staatsregierung die Möglichkeit der abstrakten Normenkontrolle behalten. Die letzteren beiden sind aber gerade die Verantwortlichen für die Gesetze, über deren Vereinbarkeit mit dem Staatsgrundgesetz das Gericht befinden soll. Ich bin der Meinung, dass wir es auch jedem Bürger des Freistaats zugestehen sollten, dass er, so er die entsprechenden Kenntnisse hat, auch die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes durch das Gericht prüfen lassen kann, von dem er, möglicherweise auch vorerst noch, nicht direkt betroffen ist. Eher könnte ich mir eine allgemeingültige Frist für die Erhebung einer abstrakten Normenkontrollklage nach Inkrafttreten eines Gesetzes vorstellen, während eben eine konkrete Normenkontrolle unbefristet im Falle einer direkten Betroffenheit erhoben werden kann.

    Diesen Vorschlag werde ich gerne aufnehmen und in einem überarbeiteten Entwurf, mit allen anderen Anregungen, berücksichtigen.

  • Sehr geehrter Herr Präsident,

    Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,


    ich möchte gerne meine überarbeite Version des Entwurfes einbringen. Hinsichtlich der Kritik an dem Ausschlussgrund vom Verfahren für Richter habe ich noch keine Änderung vorgenommen, hierzu möchte ich gerne noch den Vorschlag der Frau Kanzlerin abwarten.

    Die Änderungen sind farblich markiert.



    Erstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Gerichte im Freistaat Turanien

    - 1. Gerichtsgesetzänderungsgesetz (1. GerÄndG-FTur) -


    § 1 Gesetzeszweck

    Dieses Gesetz ändert das Gesetz über die Gerichte im Freistaat Turanien i.d.F. vom 17.08.2019.


    § 2 Kammern am Landgericht

    (1) Nach § 4 Besetzung der Gerichte wird folgender § eingefügt:

    • § 5 Kammern am Landgericht
      (1) Am Landgericht ist für Verfahren nach Artikel 18 des Staatsgrundgesetz eine Kammer einzurichten. Diese Kammer ist alleinig für Verfahren nach Artikel 18 des Staatsgrundgesetz zuständig.
      (2) Dieser Kammer gehören bis zu 3 der 5 Richter am Landgericht an. Diese werden aus der Mitte des Landgerichts in die Kammer gewählt.

    (2) Der Ursprüngliche § 5 wird zu § 6.

    § 3 Inkrafttreten

    Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.


    Gesetz über die Verfahren nach Artikel 18 des Staatsgrundgesetz am Landgericht

    - Landgerichtverfahrensgesetz -


    Teil 1 - Grundlagen


    § 1 Gesetzeszweck

    Dieses Gesetz regelt die Verfahrensweise für Verfahren vor dem Landgericht nach Artikel 18 Absatz 1 des Staatsgrundgesetz.


    § 2 Geltung der Verfahrensregeln der Föderationsgerichtsverfassung

    Soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, sind die Vorschriften aus Teil 4 der Föderationsgerichtsverfassung entsprechend anzuwenden.


    § 3 Ausschluss vom Verfahren

    Ein Richter am Landgericht ist von der Ausübung seines Richteramts ausgeschlossen, wenn er

    1. bereits im Gesetzgebungsverfahren von Amts oder Berufs wegen in derselben Sache tätig gewesen ist.


    § 4 Akten

    (1) Die Beteiligten haben das Recht der Akteneinsicht.

    (2) Die Akten über Verfahren nach diesem Gesetz sind gesonders aufzubewahren. Das Landgericht hat hierzu Bestimmungen in seiner Geschäftsordnung aufzunehmen.


    Teil 2 - Verfahren über die Auslegung des Staatsgrundgesetz


    § 5 Antragsbefugnis

    Verfahren zur Auslegung des Staatsgrundgesetz können beantragen:

    1. der Landtag
    2. die Staatsregierung


    § 6 Verfahren zur Feststellung der Auslegung des Staatsgrundgesetz

    (1) Bei Meinungsverschiedenheit über die Auslegung des Staatsgrundgesetz in spezifischen Rechtsfragen kann ein Antrag auf Feststellung der Auslegung des Staatsgrundgesetz gestellt werden.

    (2) Verfahren über die Auslegung des Staatsgrundgesetz werden durch Beschluss erledigt. Im Tenor des Beschlusses ist die Auslegung der Rechtsfrage festzuhalten. Die Begründung dieser Auslegung ist im Beschluss festzuhalten.

    (3) Ein Verfahren zur Feststellung der Auslegung des Staatsgrundgesetz ist nicht zu eröffnen, wenn die Rechtsfrage auch andere Rechtsgebiete als das Staatsgrundgesetz betrifft.


    § 7 Verfahrensablauf

    (1) Grundsätzlich sind Verfahren über zur Feststellung der Auslegung des Staatsgrundgesetz schriftlich zu führen.

    (2) Wenn das Landgericht es aber als sachdienlich ansieht, so kann eine Mündliche Verhandlung anberaumt werden.


    § 8 Gelegenheit zur Äußerung

    Das Landgericht gibt der Landesregierung und dem Landtag binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Äußerung.


    § 9 Berufung; Revision

    Gegen Beschlüsse nach § 6 Absatz 2 ist kein Rechtsmittel zulässig.


    Teil 3 - Verfahren über die Vereinbarkeit von Gesetzen mit dem Staatsgrundgesetz


    § 10 Antragsbefugnis

    (1) Antrag auf Entscheidung, ob ein Landesgesetz mit dem Staatsgrundgesetz vereinbar ist, können stellen:

    1. jeder Bürger des Freistaat Turanien, wenn er seinen aktuellen Wohnsitz im Freistaat Turanien hat
    2. der Landtag
    3. die Staatsregierung

    (2) Antragssteller nach Absatz 1 Nr. 1, welche nicht direkt durch das Landesgesetz betroffen sind, können nur binnen eines Monats nach Inkrafttreten des Landesgesetzes einen Antrag auf Entscheidung, ob ein Landesgesetz mit dem Staatsgrundgesetz vereinbar ist, stellen.


    § 11 Verfahrensablauf

    (1) Grundsätzlich sind Verfahren über die Vereinbarkeit von Gesetzen mit dem Staatsgrundgesetz schriftlich zu führen.

    (2) Wenn das Landgericht es aber als sachdienlich ansieht, so kann eine Mündliche Verhandlung anberaumt werden.


    § 12 Gelegenheit zur Äußerung

    Das Landgericht gibt der Landesregierung und dem Landtag binnen einer zu bestimmenden Frist, mindestens 72 Stunden, Gelegenheit zur Äußerung.


    § 13 Beschluss

    (1) Wenn das Landgericht zur Überzeugung kommt, dass ein Gesetz nicht mit dem Staatsgrundgesetz vereinbar ist, so erklärt es dieses Gesetz durch Beschluss für nichtig.

    (2) Im Tenor des Beschlusses ist die für nichtig erklärte Norm/die für nichtig erklärten Normen aufzuzählen. Der Nichtigkeits-Beschluss ist zu begründen.

    (3) Kommt das Landgericht nicht zu dieser Überzeung, so wird der Antrag als unbegründet abgewiesen.


    § 14 Berufung; Revision

    (1) § 20 der Föderationsgerichtsverfassung gilt analog auch für Beschlüsse nach § 13. Der Oberste Gerichtshof der Föderation ist für Berufungen nach Satz 1 zuständig.

    (2) Gegen Beschlüsse nach § x ist das Rechtsmittel der Revision unzulässig.


    Teil 4 - Verfahren über Streitfälle zwischen Gebietskörperschaften


    § 15 Antragsbefugnis

    (1) Antrag auf Entscheidung über Streitfälle zwischen Gebietskörperschaften kann jede Gebietskörperschaft des Freistaats Turanien stellen.

    (2) Gebietskörperschaften sind:

    1. der Freistaat Turanien, vertreten durch die Staatsregierung
    2. die Präfekturen nach § 1 des Gesetzes über die Gebietsgliederung und Verwaltungsstruktur des Freistaats Turanien, vertreten durch die Präfekturverwaltungen
    3. die Landkreise und kreisfreie Städte nach § 2 des Gesetzes über die Gebietsgliederung und Verwaltungsstruktur des Freistaats Turanien, vertreten durch die Landratsämter

    (3) Ein Streitfall kann nur dann vorliegen, wenn die Antragsstellende Gebietskörperschaft durch den Streitfall direkt betroffen ist.


    § 16 Streitfälle

    Streitfälle zwischen Gebietskörperschaften können sein:

    1. Einsprüche/Wiedersprüche gegen Disziplinarische Maßnahmen und Verwaltungsakte von Mittleren Staatsbehörden gegenüber Gebietskörperschaften, für welche die Mittlere Staatsbehörde die Rechtsaufsich innehat
    2. Einsprüche/Wiedersprüche gegen Verwaltungsakte von Landratsämter nach § 9 des Gesetzes über die Gebietsgliederung und Verwaltungsstruktur des Freistaats Turanien


    § 17 Verfahrensbeteiligte

    (1) Verfahrensbeteiligte bei einem Streitfall zwischen Gebietskörperschaften sind:

    1. die Antragsstellende Gebietskörperschaft und
    2. die Gebietskörperschaft, welche den angegriffenen Verwaltungsakt erlassen oder die angegriffene Disziplinarische Maßnahme verfügt hat.

    (2) Die Staatsregierung kann bei berechtigtem Interesse auf Antrag auch als Verfahrensbeteiligte am Verfahren teilnehmen, wenn diese nicht bereits Verfahrensbeteiligte ist. Ferner kann das Landgericht die Staatsregierung als Verfahrensbeteiligte beiladen.

    (3) Absatz 3 ist Analog auch auf Mittlere Staatsbehörden anwendbar.


    § 18 Verfahrensablauf

    (1) Grundsätzlich sind Verfahren über Streitfälle zwischen Gebietskörperschaften schriftlich zu führen.

    (2) Wenn das Landgericht es aber als sachdienlich ansieht, so kann eine Mündliche Verhandlung anberaumt werden.


    § 19 Beschluss

    (1) Über Streitfälle zwischen Gebietskörperschaften wird durch Beschluss entschieden.

    (2) Das Landgericht hat bei Streitfällen die Befugnis Entscheidungen, welche Auslöser für den Streitfall zwischen Gebietskörperschaften sind, teilweise oder ganz aufzuheben. Ferner kann das Landgericht Weisungen zur Beilegung des Streitfalls gegenüber Verfahrensbeteiligten erlassen.


    § 20 Berufung; Revision

    (1) § 20 der Föderationsgerichtsverfassung gilt analog auch für Beschlüsse nach § 19. Der Oberste Gerichtshof der Föderation ist für Berufungen nach Satz 1 zuständig.

    (2) Gegen Beschlüsse nach § x ist das Rechtsmittel der Revision unzulässig.


    Teil 5 - Schlussbestimmungen

    § 21 Inkrafttreten

    Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.