Beiträge von Victor Felsenfest

    trinkt einen Schluck Wasser und fährt fort


    Verzeihen sie mir...


    Auch meine letzte Begegnung mit ihr war sehr eindrücklich.
    Sie rief michan, weil sie für ihren Blog einen neuen Eintrag schreiben wollte, wozu sie mich um ein Brainstorming bat.Zentraler Satz des Blogs sollte ein Zitat aus dem Lukasevangelium sein,
    das Jesu letzte Worte zitiert mit „Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun!“


    In einem Textentwurf, den sie mir noch am Morgen des schrecklichen Ereignisses mailte, schrieb sie:


    Noch am Kreuz bittet Jesus um Vergebung für jene, die ihm Unrecht tun.


    Unrecht kann ja aus verschiedenen Situationen heraus entstehen.
    Natürlich aus voller Absicht, aber auch aus Unwissenheit oder sogar in
    der Absicht, Gutes zu tun.


    In allen Fällen wird bei der Umkehr, bei der Buße, gerne vergessen
    dass sich in den Sprachgebrauch etwas eingeschlichen hat, was eigentlich
    unmöglich ist. Man sagt „ich entschuldige mich“. Gleichwohl kann man
    sich nicht selbst ent-schuldigen. Von Schuld befreien kann nur eini
    anderer. Für gewöhnlich derjenige, an dem man sich schuldig gemacht hat.



    Liebe Angehörige,liebe Trauergäste, ich kann Ihnen die Frage, ob Marianne Kesebrodt den Attentätern vergeben hat oder hätte, nicht mit letzter Gewissheit beantworten.
    So wie ich sie kannte, würde ich allerdings eher zu Ja tendieren. Denn sie hat immer auch das Gute im Menschen gesehen. Für sie gab es keine durch und durch böse Menschen.
    Nur welche, denen der Sinn für das Gute vorübergehend verloren gegangen ist.


    So war unsere Bischöfin,so wird sie uns in Erinnerung bleiben.


    nimmt erneut einen Schluck Wasser


    Als ihr Nachfolger ist es mir jedoch wichtig zu bekennen: Der Staat sollte seiner Pflicht nachkommen,die Bürger zu schützen,Opferschutz in den Vordergrund stellen.


    der neue Bischof nickt


    Was?Oh natürlich.Danke.

    nuschelt ins Mikro


    Liebe Familie Kesebrodt.


    liebe Freunde und Weggefährten,


    liebe anwesende Vertreter aller Konfessionen und des turanischen Staates,


    Begegnungen prägen unser Leben von Kindesbeinen an. Einige negativ, andere positiv.


    Meine erste Begegnung mit Marianne Kesebrodt hat sich eingeprägt wie kaum ein anderes Ereignis in meinem Leben.Ich kam als junger Vikar in die Gemeinde, in der Marianne seit ein paar Jahren Pastorin war. Sie zeigte mir alles, sagte wie beiläufig „Übrigens hat uns das EOK noch keinen Ersatz geschickt für Sonntag. Wollen Sie den Gottesdienst übernehmen?“
    Ich war im ersten Moment völlig vor den Kopf gestoßen. Und fühlte mich hoffnungslos überfordert.


    Dann aber, ganz langsam, begriff ich, was für einen riesengroßen Vertrauensvorschuss sie mir da entgegenbrachte.Sie kannte mich faktisch nicht und sagte mir „Ich kenne Dich zwar nicht, aber ich vertraue Dir“.
    Ich habe es auch irgendwie geschafft, auch weil sie mich soweit sie konnte unterstützt hat.
    Am Tag nach dem Gottesdienst, den sie aufgrund eines ökumenischen Termins in der Hauptstadt nicht hatte besuchen können, kam sie zu mir und sagte „Gell, der Drang alles hinzuschmeißen und wegzurennen war riesengroß“.
    Wie Recht sie hatte.


    Im Lauf der Zeit haben sich unsere Wege immer wieder gekreuzt. Irgendwann wurden wir gute Freunde, über das Berufsleben hinaus.


    Von ihr habe ich gelernt, dem Unbekannten zu vertrauen, nicht vorzuverurteilen, und auch bei einer Meinungsverschiedenheit auf Augenhöhe zu bleiben. Das ist gerade in der Ökumene unerlässlich und passiert doch viel zu selten.
    Innerhalb der eigenen Kirche darf es niemals soweit kommen, dass der eine sich über den anderen erhebt. Das war die Botschaft, die sie mir als jungen Mann mitgab.


    kämpft mit den Tränen und pausiert