Die Mythologie von Bengali

  • Das Volk von Bengali glaubt an eine göttliche Dualität: auf der einen Seite der gute Gott Uwa ("der Viel-Gute") und auf der anderen Seite sein dunkler Widerpart Uwatra ("der Gegen-Uwa"). Deren Existenz und Wirken begreifen die Menschen von Bengali als den ewigen Gegensatz von Licht und Schatten. Wie aber das Licht nicht ohne Schatten existieren kann und der Schatten nicht ohne Licht, so ist auch Uwa nicht ohne Uwatra denkbar. Ihr gegensätzliches Wirken prägt die Welt und damit auch jeden einzelnen Menschen.


    Gegenwärtig, so die Überzeugung des Volks von Bengali, leben wir in der Dritten Schöpfung, der Welt der Schildkröte, die entsprechend von den Schildkröten-Menschen bewohnt wird. Ihr waren bereits zwei Schöpfungen und zwei Menschheiten vorausgegangen, die aber am Gegensatz von Licht und Schatten zerbrochen waren: die Welt der Vogelmenschen und die der Schlangenmenschen.


    Die Erste Schöpfung stand im Zeichen des Vogels. Die Vogelmenschen lebten weit im Osten, nicht weit von jenem Ort, von wo die Sonne in den Himmel emporsteigt. Sie waren frei und unschuldig. Doch dann ergriff der Hochmut Uwatras von ihnen Besitz. Sie wollten sein wie der göttliche Uwa und im Himmel wohnen. Also erlernten sie das Fliegen und erhoben sich mit der Sonne in die Lüfte. Da wurden sie vom göttlichen Zorn zur Erde zurückgeworfen und verbrannten mitsamt der ganzen Schöpfung.


    Die Zweite Schöpfung war die der Schlange. Die Schlangenmenschen sollten niemals fliegen können und immer am Boden leben. Dafür aber wurden sie habgierig und grausam. Ihre Insel Mukuru ("Große Insel"), die östlich von Bengali, zwischen den beiden südlichen Kontinenten Salvagiti und Nerica gelegen haben soll, wurde bald von blutigen Kriegen heimgesucht. Die Menschen töteten sich, wo immer sie aufeinander trafen. Die große letzte Schlacht auf der Ebene von Kurushatra ("Inselebene") besiegelte das Schicksal Mukurus: Die Insel versank in den Fluten des Meeres. Seitdem heißt sie Kuru-Kadam ("Insel des Untergangs").


    Die Dritte Schöpfung sollte die Fehler der ersten beiden nicht wiederholen. Es war die Schöpfung der Schildkröte, eines sanften und gutmütigen Wesens. Die Urschildkröte Angala soll am Berg Adnamsha ("Berg des Anbeginns") im Osten Bengalis auf die Erde hinabgestiegen sein. Sie folgte dem Fluss Tannu-Adnam ("Fluss des Anbeginns") nach Westen, bis er in den Binnensee Tawal-Nur ("kleines Meer") mündete. Sie durchschwamm den See und legte am anderen Ufer ein Nest an. Hier entstand später die Königsstadt Radeshasa ("die Königliche"). Als Angala gebrütet hatte und ihre Nachkommen, die Bangala ("Söhne der Angala"), geboren waren, um die Herrschaft über die Schöpfung zu übernehmen, folgte Angala abermals einem Flusslauf nach Westen: dem Tannu-Tuwa ("Wüstenfluss"). Von seiner Mündung aus schwamm sie weiter gen Westen.


    Jede der drei Schöpfungen soll sieben göttliche Tage dauern, gefolgt von einer göttlichen Nacht. Jede dieser Epochen dauere 1200 Erdenjahre. Gegenwärtig, heißt es, befinde sich die Welt am Übergang vom zweiten zum dritten Tag der Dritten Schöpfung. Radeshasa, die Königsstadt, sei am Übergang vom ersten zum zweiten Tag der Dritten Schöpfung gegründet worden, zu jener Zeit, als Angala vom Tawal-Nur nach Westen aufgebrochen sei. Das wäre demnach um das Jahr 800 nach Christus gewesen. Seither herrschen die Bangala über das Land.

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    Aliwata ("Ali") ba-Muwatalli Bangala
    Talli-Teshup Seiner Majestät, des Radesha-Radesha von Bengali
    Anwärter auf den Thron