Ich sehe, mein lieber Herr Odinsson, Ihnen kann man so leicht nichts vormachen. Sehr gut!
Die Grenzbefestigung musste tatsächlich überwacht werden. Zwar war sie so angelegt, dass sie ein feindliches Heer mit seinen Kanonen und Pferden und seinem Tross nicht passieren konnte. Aber ohne Überwachung hätten feindliche Pioniere natürlich leicht Breschen hineinschlagen können. Ganz abgesehen davon, dass kleinere Spähtrupps durchaus in der Lage waren, unter Umständen über die Hindernisse hinwegzuklettern. Meines Wissens ist das auch passiert.
Man hat deshalb Wachtürme errichtet. Einen solchen sehen Sie in dem Modell, das ich mitgebracht habe. Die Türme standen zudem erhöht und an strategisch günstigen Punkten, sodass die Grenzwächter mittels Fernrohren die komplette Grenzlinie überblicken konnten. Sahen sie einen Feind, gaben Sie die Meldung an die Truppen weiter, die in einer Art von Kaserne, den sogenannten Schanzen, stationiert waren. Diese zogen daraufhin aus, um den Feind zurückzuschlagen. Sie sehen also, lieber Herr Odinsson, dauerhaft bemannt war die eigentliche Befestigung in der Tat nicht.
In diesem Zusammenhang muss allerdings auch erwähnt werden, dass die Grenzwächter auf den Türmen und die in den Schanzen kasernierten Soldtruppen keineswegs die einzigen bewaffneten Kräfte vor Ort waren. Nein, im Gegenteil: Der Kaiser hatte nach dem Friedensschluss von Entzenheim alles Land südlich der Entz, also die gesamte beim Reich verbliebene Südermark, zur Militärgrenze erklärt. Das heißt, das Gebiet unterstand nicht den zivilen Behörden der großturanischen Reichslande, sondern der sogenannten "kaiserlichen Militair-Commission". Alle Bewohner unterstanden der Militärgerichtsbarkeit. Die meisten von ihnen zahlten zwar keine Steuern an den Kaiser, bildeten dafür aber als Wehrbauern eine ständige Miliz zur Unterstützung der regulären Truppen.