Geschichte und Entwicklung des turanischen Fernsehens

  • Zunächst eine Vorbemerkung: Die 1960er Jahre, also unmittelbar vor Beginn des Farbfernsehens, gelten als Goldene Zeit des turanischen Fernsehens. Damals war das TV längst aus dem Schatten von Radio einerseits und Kino andererseits herausgetreten. Viele Kinostars spielten im Fernsehen und umgekehrt.


    Bekannte TV-Gesichter der damaligen Zeit sind Max Reger und Karlotta Ingram. Auch die Kino-Ikone der 20er Jahre, Lulu Enders, trat im Fernsehen auf. Ein beliebtes Unterhaltungsformat von damals, das bis heute überdauert hat, ist die Quiz- und Spieleshow „Der Kandidat hat 100 Punkte...!“. Moderator war über viele Jahre Fritz Montag.

  • Das turanische Farbfernsehen funktionierte - und funktioniert im Prinzip noch immer - mit dem eigens entwickelten KTNF-Verfahren: dem "(kompatiblen) Turanischen Normalbild Farbe", meist mit "Norfa" abgekürzt. Zugleich wurde der schwarz-weiße Vorläufer inoffiziell "Norgra" genannt, also Turanisches Normalbild Graustufe. "Kompatibel" wurde das Verfahren genannt, weil auf vorhandenen Schwarzweiß-Geräten das KTNF-Farbbild ebenfalls empfangen und angesehen werden konnte - nämlich einfach in Graustufen.


    Mit dem KTNF-Farbfernsehen wurde die Zeilennorm von 498 auf 598 Zeilen erhöht. Das bedeutete im Endeffekt, dass bei alten Geräten am oberen und unteren Rand jeweils etwa zehn Prozent des Bildes fehlten. Bastler konnten ihre Geräte bisweilen so umbauen, dass ein Vollbild mit schwarzen Ränden links und rechts angezeigt wurde.

  • Nun sind wir in den frühen 70er Jahren angekommen. Zu diesem Zeitpunkt wurden jährlich mehr als 300.000 Fernsehgeräte verkauft. Zum Vergleich: Anfang der 40er Jahre waren es nicht viel mehr als 100-200 Geräte pro Jahr, um 1950 immerhin schon eine vierstellige Zahl. Ab 1969 gab es nun also zwei gesamtturanische Fernsehprogramme, eines davon mit Regionalfenstern. Die Regionalfenster waren im Prinzip die Relikte einer Überlegung, die Mitte der 60er Jahre angestellt wurde, als die Fusion mit dem Sender Freyburg absehbar war: Man plante damals ein drittes Programm, das dann aber rein regional sein sollte. Echte Regionalsender also.


    Aus finanziellen Gründen war das kurzfristig aber nicht umsetzbar und so beließ man es – bis heute – bei den Regionalfenstern auf "Turanien 2". Ein paar Jahre später wurde die Idee in veränderter Gestalt doch noch umgesetzt: 1973 gingen die ersten privatrechtlichen Fernsehsender an den Start. Sie entstanden aus jener Überlegung, dritte, rein regionale Fernsehprogramme einzurichten, und wurden teilweise mit technischer Unterstützung der öffentlichen Sender und mit Hilfe der Lokalpolitik eingerichtet. Aufgrund der Entstehungsgeschichte und der nach wie vor teuren Sendetechnik waren es Sender mit ausschließlich regionaler Verbreitung. Die ersten waren: TV Turan und im Raum Aarburg A-TUR – das heute unter a.tur firmiert und landesweit sendet. Etwas später folgte das sogenannte "Bürgerfernsehen" in Städten wie Drachenfels und Freyburg.

  • Es gab eine ganze Reihe von Herstellern, die sich teilweise auf Fernsehgeräte spezialisiert hatten. Einen ersten Konzentrationsprozess brachte die zweite Wirtschaftskrise mit sich. Von den Technikunternehmen, die danach noch existierten, sind einige bis heute bekannt: FöniX etwa oder Mogul. Einige kleinere Betriebe gehören heute zu Turatronik.

  • 1973/74 entstanden nun wie gesagt die ersten privatrechtlichen TV-Sender Turaniens, teilweise mit Unterstützung der öffentlichen Hand. Damit wiederholte sich die Entstehung der frühen öffentlichen Sender unter umgekehrten Vorzeichen: Statt einer öffentlichen Einrichtung, die teils mit privater Unterstützung und privaten Geldern aufgebaut wurde, entstanden nun private Einrichtungen, die mit öffentlicher Unterstützung aufgebaut wurden. Für alle Beteiligten war das eine gute Sache: Die Öffentlichen mussten keine dritte Senderkette aufbauen, die Privaten kamen mit Hilfe zu ihrem Sender.


    Die nächste epochale Entwicklung kündigte sich 1977 an: Die turanischen Republiken beschlossen den Aufbau eines gesamtturanischen Kabelnetzes, das auch zur Fernsehübertragung genutzt werden sollte. Bis dahin sendete das turanische Fernsehen ausschließlich über den Äther, also per Funk. In Ansätzen war zwar ein solches Netz bereits vorhanden: Die einzelnen Sender waren – wie bereits erwähnt – per Breitbandkabel verbunden. Die turanischen Unis waren gerade dabei, ein Datennetz zwischen ihren Rechenzentren zu spannen. Auch einzelne Unternehmen, z.B. Banken, arbeiteten an ihrer Vernetzung. Diese Netze sollten nun zusammengeführt und der Zugang zugleich für die Allgemeinheit freigegeben werden.


    Das war ein Mammutprojekt! Es ging ja letztlich um die Verlegung von Breitbandkabeln bis zu den einzelnen Privathäusern mit einer Gesamtlänge von vielen tausend Kilometern. Milliarden Tura mussten eingeplant werden. Anfangs wurden vor allem die Städte verkabelt. Zusätzlich gab es in einigen Gegenden, die nur schlechten oder gar keinen Funkempfang hatten, bereits bestehende Kabelanschlüsse, die nun in das neue Netz integriert wurden. Die angestrebte Netzabdeckung von über 90 Prozent sollte den anfänglichen Planungen zufolge in den 90er Jahren erreicht werden. Tatsächlich war es erst in den 2000ern soweit.

  • Eine sehr gute Frage, die ich ohnehin als nächstes behandelt hätte. Ich sprach von Milliarden Tura, eine zweistellige Milliardensumme. Ganz genau lässt sich das nicht beziffern, da das Kabelnetz über mehrere Jahrzehnte hinweg aufgebaut und auch immer wieder technisch überarbeitet wurde. Das Gros der Kosten übernahm sicherlich der Staat, also die turanischen Republiken, daneben diverse öffentliche Einrichtungen wie die Universitäten oder auch die Bundesarmee. Den gar nicht so geringen Rest – ich würde schätzen: vielleicht 30-40 Prozent – übernahmen private Geldgeber.


    Um diesen Privatinvestoren nicht einfach nur das Geld abzunehmen, erfand man ein spezielles Betreibermodell für das Kabelnetz: Es gehörte zwar formell den turanischen Republiken, wurde aber von einer Gesellschaft privaten Rechts betrieben, deren Geschäftsanteile auch bei privaten Geldgebern lagen. Sie kennen die TuraNet?

  • schüttelt den Kopf - mit diesem Bereich Turaniens hat er sich bisher nicht ausgiebig auseinandergesetzt

  • TuraNet ist der führende Anbieter für Kabelfernsehen und Internet in Turanien. Das Unternehmen vermarktet seit rund zwei Jahren TV- und Internet-Anschlüsse auf Basis des seit den 1970er Jahren aufgebauten Kabelnetzes. Sein unmittelbarer Vorläufer ist die Turanic, eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der Thorwald-Frank-Gruppe. TuraNet gehört je zur Hälfte Thorwald-Franke und dem Global-Tech-Konzern.


    Die Vermarktung durch TuraNet geschieht auf Basis eines Vertrags mit der Kabelnetz-Betriebsgesellschaft KBG. Das ist jene privatrechtliche Betreibergesellschaft, von der ich vorhin sprach: Sie gehört mehrheitlich dem Staat, hat aber auch private Anteilseigner und war anfangs selbst für die Vermarktung der Kabelanschlüsse zuständig. Seit Ende der 1990er und Anfang der 2000er Jahre hat sie die Vermarktung auf Vertragsbasis schrittweise an Turanic abgetreten.


    Wo wir nun quasi nebenbei beim Thema Internet gelandet sind: Sind Sie interessiert an der Entwicklung der Computertechnik in Turanien? Wenn ja, würde ich einen kurzen Exkurs einschieben.

  • PottyCom? Ja, ich vermute, das dürfte etwas ähnliches sein. Wobei man festhalten muss, dass das klassische Telefonnetz nicht von der TuraNet vermarktet wird. Ich weiß nicht, wie das bei PottyCom gehandhabt wird...?

  • In Pottyland ist eigentlich alles in einer Hand. Die PottyCom ist Leitungsverantwortlicher und Anbieter in einem, wenn man so möchte. Zumindest gab es bislang keine große Konkurrenz auf diesem Gebiet.

  • Ich erlaube mir, doch ein paar Worte zur Geschichte der Rechnertechnik in Turanien zu verlieren.


    Habs schließlich extra einstudiert...


    Und da kommen wir an einem Begriff nicht vorbei: TuraCom. Gewissermaßen sind Generationen turanischer Heimcomputerfreaks mit diesem Namen aufgewachsen. Der TuraCom TCI-100 von 1984 ist legendär. Seine 128 kB Arbeitsspeicher wirken heute mickrig, waren damals aber für viele der Start ins Computerzeitalter. Mit seinem Nachfolger, dem TCI-500 von 1987, der bereits einen Arbeitsspeicher von 512 kB hatte, war man zumindest ansatzweise in der Lage, Videos digital zu bearbeiten. Bei TuraTV, meinem Sender, haben wir damals damit gearbeitet. Mehr dazu aber später.


    Produziert wurden der TCI-100 und sein Nachfolger von der Turanischen Gesellschaft für Communikations- und Informationstechnik in Aarburg. Die TCI wurde 1961 von den Informatikern Friedrich Lorant und Meinhart Bothe und dem Unternehmer Jeremias Gotthold gegründet. Sie ging hervor aus einer halbprofessionellen Technikschmiede, die die Aarburger Tüftler Lorant und Bothe auf dem Gelände der Universität Aarburg unterhielten.


    Meinhart Bothe gilt als Erfinder des Computers in Turanien. 1946 baute er seine erste vollelektronische Rechenmaschine, die ERM-3. Zwei Vorläufer funktionierten nicht richtig bzw. waren nicht vollelektronisch. Ähnlich wie das Fernsehen entstand auch die Computertechnik im unmittelbaren Umfeld einer Universität. Und später, in den 70er und 80er Jahren, war die TCI federführend am Ausbau des turanischen Kabelnetzes beteiligt. Das Netz sollte ja auch der Datenübertragung dienen. Heute ist übrigens an der Uni Aarburg ein Institut für Informatik nach Bothe benannt.


    Und um nun zum Ende des Exkurses zu kommen: Als Marke hatte die TCI das griffigere TuraCom etabliert. 1989, unter Leitung des langjährigen Geschäftsführers Heinz Schilling, benannte sich das Unternehmen auch selbst in TuraCom um. 1990 erschien dann der erste Rechner, der auf das Kürzel TCI verzichtete: die TuraCom 2000 mit 2 MB Arbeitsspeicher. 2015 fusionierte die TuraCom mit der Elektronikschmiede TuraTron und dem Softwarehaus TuraSoft zu Turatronik, einer – hier schließt sich der Kreis – Tochtergesellschaft der Thorwald-Franke-Gruppe, der auch die Hälfte der Anteile an TuraNet gehört.

  • malt ein paar Bäume, Hunde, Brote, Häuser und Wolken auf seinen Collegeblock... und einen Computer.

  • Ich kehre nun zurück in die späten 70er Jahre, zum Beginn des Kabelnetz-Ausbaus. Damit einher ging 1979 die Inbetriebnahme des ersten privaten Kabelfernsehprogramms und vom Anspruch her dritten landesweiten TV-Senders: "Kanal 3", eine Kooperation von Medienhäusern und privaten Investoren aus ganz Turanien. Die Reichweite war zunächst gering. Im Wesentlichen beschränkte sie sich auf den Großraum Turan und das Umland von Aarburg, also genau jene Regionen, in denen der Ausbau des Kabelnetzes damals am weitesten fortgeschritten war.


    "Kanal 3" war mein erster richtiger Arbeitgeber. Ich war damals Ende 20 und nach dem Studium frisch in den Journalismus gestartet. Hier und da war ich als freier Mitarbeiter tätig gewesen. Dann rief "Kanal 3". Für den ersten Kabelsender des Landes zu arbeiten, hatte etwas erhebendes. Man fühlte sich einer medialen Elite zugehörig. Technisch, vom Inhalt und von der Darbietung her war das Programm ganz anders als die als konservativ und stocksteif wahrgenommenen "Öffentlichen" Turanien 1 und Turanien 2: spritzig, frech, modern. Heute dagegen gilt "Kanal 3" vielen Zuschauern als behäbig. Der einstige Schwung ist längst dahin.