Ratssitzung

Ist skeptisch und wird den Erläuterungen aufmerksam zuhören.

Die Vertreterin betritt nach entsprechender Aufforderung den Saal und nickt den Anwesenden zu.

Masa al'hrem, werte Emirinnen und Emire, mein Name ist Kaji Sibile und ich freue mich, dass Sie mich hier empfangen. Ich vertrete die Stiftung Persuna und da ich nicht automatisch davon ausgehe, dass Sie das Unternehmen kennen, darf ich es an dieser Stelle kurz vorstellen. Haben Sie hier eine Art Projektor für die visuelle Darstellung meiner Präsentation?

Sie wirft einen Blick auf das "Gerät", seufzt und holt dann aus ihrem Koffer ein schmales Tablet hervor.

Dann werden wir uns eben mit meinem Tablet abfinden müssen. Da die Projektion sehr klein ist, müssen sie eventuell näher heranrücken. Herumgeben werde ich das Tablet sicher nicht, da Sie wahrscheinlich, ich bitte das zu entschuldigen, rückschließend an Hand der vorhandenen Technik durch fehlerhafte Bedienung Schaden verursachen könnten. Hier sehen Sie eine Vision für Underbergen in dreißig Jahren mit restaurierter Innenstadt, öffentlichen Verkehr und vertikalen Gärten für Gesundheit, Umwelt und Selbstversorgung. Dazu kommen Verzierungen und Museen, welche Vergangenheit und Gegenwart geschmackvoll verbinden und der Stadt einen angemessenen und aushaltbaren Tourismus beschert, ohne die Einwohner groß zu beeinträchtigen. Durch die Digitalisierung und Mechanisierung der Arbeit kann ein Großteil der Arbeiten individuell von zu Hause her oder in einer gewohnten Umgebung verrichtet werden. Warenlieferungen laufen unterhalb der Straße oder innerhalb der Häuser statt. Wie Sie sehen können, ist Underbergen vor allem auf schadstofffreie Busverbindungen, Tram und Fahrräder ausgelegt.

Die sehr kleinen Bilder verursachen wahrscheinlich in erster Linie Augenkrebs, außer man begibt sich so nah heran, dass man fast mit der Nase an den Tisch mit dem Tablet stößt.

Nun, ich denke, das wird sich indirekt durch die Besteuerung ergeben. Und die Miete und die Pachtabgaben. Ich schätze, die Unternehmens-, Lohn-, Gewerbe-, Einkommen- und Kapitalertragsteuern werden einen Großteil der der Gelder bereitstellen. Dagegen wird die Miete wohl wesentlich geringer ausfallen, doch die zusätzlichen Einnahmen werden sich in jedem Fall sehen lassen. Und die Kosten sind lediglich ein paar Bau-, Import- und Erwerbsgenehmigungen, um den Grundstein zu legen.Der Rest ergibt sich dann mit den erweiterten Einnahmen faktisch von selbst. So Sie natürlich dieser Vision folgen wollen. Vielleicht ist ihnen ja nicht an einer so großen Vision gelegen und sie haben lieber nur eine kleine und damit temporäre Einnahmensquelle.

Werter Emir von Kräutergarten, ich weiß nicht, welche Zeitspanne Sie als angemessen ansehen, wenn Ihnen dreißig Jahre zu schnell erscheinen. Ein knappes Drittel eines Jahrhunderts erscheint nun genug Zeit für zwei oder drei Generationen zu sein, welche nun vielleicht nie die radikalen Veränderungen erlebt haben werden, die Sie anmahnen.

Was nun die Stärkung der Landwirtschaft angeht, so verweise ich auf die vertikalen Gärten, welche eine Entlastung des Bodens außerhalb der Stadt darstellen und Abwärme wie Abwasser wirksam weiterverwenden sowie zu deren Reinigung beitragen. Und vielleicht das ein oder andere Plus an frischem Gemüse liefern mag.

Werter Emir von Kräutergarten, ich verstehe jetzt nicht, warum Sie einen Wandel von dreißig Jahren als großartige und scheinbar nebulös unschaffbare Veränderung ansehen, in der eine komplette Modernisierung inklusive der Infrastruktur unmöglich erscheint. Natürlich sind diese Punkte Teil der Veränderung, denn ohne eine moderne Infrastruktur wäre wohl kaum dieses Ergebnis möglich.

Zudem ist es ja letztendlich Ihre Sache, wie Sie mit den Steuereinnahmen umgehen. Ich kann Ihnen nur Vorschläge präsentieren. Wenn Sie der Stiftung Persuna den Vorzug geben, haben Sie mit Sicherheit auch die nötige Quelle zur Modernisierung der Infrastruktur. Das ist ja Ihre und nicht unsere Aufgabe. Und es ist mit Sicherheit auch nicht unsere Expertise. Die Stiftung handelt vor allem mit Stoffen, Nahrungsmitteln und Genussmitteln. Wenn Sie zum Aufbau Ihrer Infrastruktur futunische Expertise wünschen, kann ich natürlich den Kontakt zu Tiamat vermitteln. Die holen auch aus Ihrem Land das Maximum an erneuerbaren Energien und moderner Versorgung heraus. Aber wie gesagt, ist das Ihre Sache und nicht meine.

Sitzt – immer noch skeptisch – in der Sitzung, äußert sich zunächst aber nicht.

Bei der Befürchtung wünsche ich Ihnen viel Erfolg. Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendein Futune bescheuert genug ist, hier freiwillig herzuziehen und damit alle Vorteile zu verlieren, welche ihm die Blutgesetze im Heiligen Land garantieren. Und das für einen geringeren Lebensstandard, geringeres Einkommen, schlechtere Gesundheitsversorgung und einen fremden Glauben.

Natürlich haben wir Sie mit Absicht ausgesucht, denn wenn Sie wirtschaftlich erfolgreich wären, könnten wir wohl kaum ein attraktives Angebot abgeben. Nein, es gibt keine Haken, weil ein Erfolg sinnvolle Werbung für unser Unternehmen ist. Warum sollten wir das untergraben? Und der Großteil der Arbeitskräfte sollte auch aus Underbergen kommen und in den dreißig Jahren dann hoffentlich auch das gesamte örtliche Management, damit kein Futune das Heilige Land verlassen muss, um hierher zu ziehen.

Kurz gesagt, Sie können bleiben wer Sie sind, der einzige Unterschied ist ein wenig mehr Wohlstand und Perspektive, von dem beide Seiten profitieren. Sie behalten Ihren Hasen und wir Ahura Mazda und Angra Mainyu.

Ich tippe mal auf irgendwo dazwischen. Es ist absolut unmöglich, eine kürzere Zeitspanne zu bestimmen, da es überall zu Verzögerungen und Engpässen kommen kann. Dreißig Jahre ist der sinnvolle Rahmen, in dem man soviel erreichen kann. Aber zu meinen, dass man dann in 5 oder 10 Jahren dieses oder jenes erreichen hätte können, ist uns zu naiv. Wir rechnen mit Wahrscheinlichkeiten und Machbarkeit, nicht mit Dogmen. Die Stiftung macht hier keine Wahlversprechen, es geht hier um das Endergebnis. Vergangene Erfahrungen lehren, dass auch am Anfang zwei Jahre spürbar schnell vorangehen mit Planung und Ausführung und dann tritt eine sechsjährige Flaute ein, in der sich kaum etwas von der Stelle bewegt. Und am Ende ist dann doch alles fertig. Aber wenn dann nach fünf Jahren Bilanz gezogen worden wäre, hätte es wohl nicht so gut ausgesehen. Auch wenn zwanzig Jahre später alles so war, wie man geplant hatte.

Noch einmal: Ich kann nicht vorhersehen, was passieren wird, und das können andere auch nicht. Wie kann ich da jetzt schon einen entsprechenden Plan haben? Das wissen Sie doch selbst, also sparen Sie sich bitte solche "Tests", auf die kein erwachsener Mensch hereinfällt. Natürlich gibt es in regelmäßigen Abständen Kontrollen und Überprüfungen. Das ist doch überall üblich.